Rückblick und Abschied

So.. Ich sitze im Zug auf den Weg in meine Heimatstadt. Ich habe die erste Woche in Aachen, der Stadt in der ich nun wohne, verbracht. Ich habe sechs aufregende Wochen hinter mir und ich kann es gar nicht fassen, dass es nun schon sechs ganze Wochen her sein soll, seit ich aus Ghana wieder hier bin. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen und ich habe eine Menge Zeit damit verbracht, nachzudenken und noch einmal in Erinnerungen an die vergangenen elf Monate zu schwelgen.

Der Abschied in Ghana verlief recht schön, wenn auch relativ unspektakulär. In der Schule haben Lorenz und ich den letzten Tag nur damit verbracht, noch einmal von allen Lehrern und Schüler_innen Abschied zu nehmen. Wir sind durch die Klassen gegangen, haben die Produkte unserer AG (Fotostory und Kurzfilm) präsentiert, Süßigkeiten verteilt und viele noch ein letztes Mal in den Arm geschlossen. Es war schon echt emotional und dieser Teil des Abschieds war auch am härtesten für mich. Wir haben mit allen Lehrer_innen und dem Proprietor ein Abschiedsfoto geschossen und auch noch ein kleines Präsent gereicht bekommen. Christ the King: bye-bye!

Die neue Freiwillige hat sich unterdessen bei mir gemeldet und ich kann ihr nur alles Gute für ihre Zeit an der Schule und in Ghana wünschen!

Am letzten Sonntag in der Familie habe ich ein Huhn gekauft, welches wir alle zusammen geschlachtet und anschließend verspeist haben. Sie haben sich gefreut, und ich hoffe, dass meine Abschiedsgeste gut aufgenommen wurde. Die letzte Woche hatte ich dann schulfrei. Unsere Organisation wollte uns noch einmal Zeit für uns selber geben, wir sollten uns von unseren Freund_innen verabschieden und noch einmal Zeit in der Gastfamilie verbringen. Das habe ich auch zur Genüge getan, ich bin viel durch die Stadt gelaufen und habe Dinge erledigt, gekauft und schneidern lassen. Am Freitag war es dann soweit: Wir haben uns mit allen Freiwilligen an Texaco-Station getroffen, von wo aus wir gemeinsam zum Seminarhaus gefahren sind, um dort die letzten zwei Nächte zu verbringen. Es hieß nun auch: Bye-bye Swedru, der Heimat für das vergangene Jahr. Ich kann gar nicht beschreiben, was ich gefühlt habe. Mir gingen so viele Gedanken durch den Kopf: An meine Anfangszeit, die vollständige Verwirrung und Überforderung, bis hin zu vielen amüsanten und interessanten Gesprächen mit den Leuten auf der Straße. Von den Suchen nach dem richtigen Stoff über das Einkaufen leckerer Ananas und Mangos über den Ritual-Gesprächen mit einigen Freunden unterwegs. Es war nicht immer schön und beizeiten doch echt stressig in Swedru, aber es ist zu meiner Heimat auf Zeit geworden und als solche werde ich sie immer in Erinnerung behalten. Ich hoffe, ich werde eines Tages die Zeit finden, dorthin zurückzukehren.

Am Flughafen

Herzschlag. Ellenbogen. Schilder. Überall Schilder. Das Geräusch von Rollkoffern. Begrüßungen, Gekreische. Umarmungen. „Bitte gehen sie weiter, nicht hier stehen bleiben.“ Jetzt nimm doch mal das Schild runter, ich sehe nichts. Sehnsüchtige Blicke auf die Ankunftstafel. Sie müssten doch schon seit zwei Stunden gelandet sein, wo bleiben sie denn? Ich kann nicht mehr stehen. Und doch merke ich keine Müdigkeit. Und dann, endlich! Da laufen mir Markus und Christiane entgegen und Glücksgefühle durchströmen mich. Sie sind da! Am 2.6.2014 kamen mein Onkel und meine Tante mich in Ghana besuchen. Es war so schön, dass ihr es einrichten konntet! Ich habe die Zeit unglaublich genossen.

Zunächst fuhren wir nach Swedru, wo die beiden erst einmal den Markt und die Stadt bestaunen konnten und mich in meiner Schule besuchten. Dann nahm ich mir zwei Tage frei und zusammen ging es nach Kumasi, mitten in’s Herz dieser gigantischen Stadt! Doch lest selbst, wie Markus die Ghanareise wahrgenommen hat:

Das Erste, was man merkt, wenn man zurück kommt nach Europa, ist dies: Dass es eher wenige Leute gibt, die mal in Ghana waren oder sonst irgendwo in Afrika – und dass genau so wenige Leute es anders wollen. Wenn man dann anfängt zu reden, merkt man noch etwas Zweites: dass man von Afrika nicht reden kann, weil niemand richtig zuhört und die Erinnerungen schal werden im Mund, so bald man sie mitzuteilen versucht. Von Afrika muss man schweigen. Und seine Erinnerungen hüten.

 

Hier will ich eine Ausnahme machen.

 

Wenn ich an unsere zehn Tage in Ghana denke, dann denke ich an die vollgepackten Kleinbusse, tro-tros genannt, die dann und wenn in Schlammlöchern zu versinken drohen, wenn mal wieder ein großer Regen nieder gegangen ist. Ich erinnere mich an Menschen, die eng beieinander sitzen und stundenlang bedächtig schweigen. Dabei sind die Ghanaer sonst sehr lebendige Menschen.

 

Wenn ich an Ghana denke, dann denke ich an die Schule, an der meine Nichte Marie unterrichtet hat, an die Holzbänke, die fensterlosen Klassenräume, die fröhlichen Kinder in ihren Schuluniformen und die nimmer versiegende Neugier.

 

Wenn ich an Ghana denke, dann denke ich an den schönen bunten Markt von Agona Swedru, wo alles so anders ist als zu Haus.

 

Wenn ich an Ghana denke, dann denke ich an den noch viel größeren und grandiosen Markt von Kumasi, wo es einfach alles gab, sogar – verrückt ist die Welt! – die „Rheinische Post“ aus Düsseldorf. Auch denke ich an die Brücke, auf der wir im Abendlicht gestanden haben und das Leben an uns vorbei ziehen ließen.

 

Wenn ich an Ghana denke, dann denke ich an den stundenlangen Gottesdienst im Kulturzentrum von Kumasi, wo Hunderte unter hohen Bäumen saßen und ganz in die Andacht versunken waren, wo sie sangen, beteten und ohnmächtig wurden. Auch denke ich an die Fahrt von Kumasi ans Meer, als in all den Dörfern festlich gekleidete Menschen flanierten, um – ja – Beerdigungen zu feiern. Die Männer trugen schwarze, um den ganzen Körper gewickelte Umhänge wie der Dalai Lama, die Frauen meist rote. Es war, als wäre es ein großer nationaler Festtag.

 

Wenn ich an Ghana denke, dann denke ich an die endlosen Landstraßen, an denen links und rechts Ghanaer entlangwanderten.

 

Wenn ich an Ghana denke, dann denke ich aber vor allem an die Frauen, die Gegenstände aller Art auf dem Kopf trugen – dabei immer elegant und mit kerzengerader Haltung. Wahrscheinlich könnten sie einen Kühlschrank von Accra nach Berlin balancieren, ohne dass er einmal herunter fiele. Sie müssten nur dürfen.

 

Bevor ich in Ghana war, war ich in Marokko und Ägypten, im Kongo, in Tansania und in Dschibuti. Durch Ghana ist der Hunger, von Afrika noch mehr zu sehen, eher größer geworden als kleiner. Ich finde das ganz Andere immer wieder wunderbar.

 

VON MARKUS DECKER

Diesen Erlebnissen nach der Reise habe ich mich (bisher) noch nicht stellen müssen. Aber durch die beiden ist erstmal ein ganzes Stück Heimat zu mir gekommen und ich kann es noch weniger erwarten, meine Liebsten daheim alle wiederzusehen! 🙂

Fußballfieber!

Die Fußball-WM ist in vollem Gange und Deutschland kämpft um den Titel! Leider haben unsere Blackstars die Vorrunde nicht überstehen können, auch wenn wir kräftig angefeuert haben. Ghana ist genauso eine Fußballnation wie Deutschland und man konnte die Spiele hier an jeder Ecke und auf großer Leinwand sehen. Die Stimmung war immer unglaublich! Ganz besonders beim Deutschland-Ghana Spiel. Manch einer von euch mag sich gefragt haben, wie das Spiel für mich war. Ich kann euch sagen: Es war eines der tollsten Spiele, die ich je geschaut habe! Gänsehautfeeling pur. Wir haben mit einer größeren deutschen Gruppe auf den Straßen Accras geschaut, mitten in einer kleinen ghanaischen Fanmeile. Wir haben abwechselnd die deutsche- und die ghanaische Nationalhymne gesungen. Wir lagen uns in den Armen, Ghanaer wie Deutsche. Wir haben bei den deutschen Toren gejubelt, wir haben uns bei den ghanaischen Toren von der Menge mitreißen lassen. Oder haben die Menge mitgerissen. Sie waren ganz angetan von unserem Jubel für Ghana und haben sich nur noch mehr gefreut. Im Ghanatrikot, mit Deutschlandflagge und ganz geschmückt in Schwarz-Rot-Gold-Grün. Und das Ergebnis hätte besser nicht ausfallen können 🙂

Das Spiel Deutschland – Algerien haben wir dann an einem ganz besonderen Ort geschaut: In der deutschen Botschaft in Lomé, Togo. Wie wir da rein gekommen sind? Naja… 😀 Wir waren für ein Wochenende in Lomé, die Stadt hat es mir echt angetan. Und dann hatten wir es uns in unserem Hotel vor dem Fernseher gemütlich gemacht, als wir von einem jungen Mann angesprochen wurden, ob wir das Spiel nicht in der deutschen Botschaft schauen wollen würden. Klar! Ab auf den Pick-Up und los ging’s. Die Botschaft ist schon echt edel, ein großes, modernes Haus, von gepflegten Grünanlagen umgeben. Der Botschafter lebt nicht schlecht. Wir betraten eine schicke, klimatisierte Eingangshalle. Überall waren Stühle aufgestellt und überall saßen Deutsche. Wir fanden in der letzten Reihe noch ein paar gemütliche Sessel, auf denen wir uns niederließen. Das Spiel bot an Spannung nicht viel, aber dafür prasselten jede Menge andere Eindrücke auf uns ein: Sinnfreie, besserwisserische Kommentare von angetrunkenen alten Herren (manchmal ist es eben doch recht angenehm, wenn man die Sprache nicht versteht…), Freibier, kostenlosen Wein, Oliven, Käse, Nachos und einiges mehr (Chop my Steuergelder sag ich nur…!) und Gespräche mit Leuten der Oberschicht, auf die man auch getrost verzichten könnte. Es ist Wahnsinn, was für ein verdrehtes Weltbild viele haben. Ein Mitte Zwanzigjähriger, der für „Brot für die Welt“ arbeitet wollte uns doch tatsächlich weis machen, dass in Ghana Autos angezündet werden, wenn der Weiße auf die Forderung nach Geld nicht eingeht. Was soll so eine Aussage?! Und ein Anderer zog dauern über die „kleinen, schwarzen Negerlein“ ab, die einen durchgehend ausnehmen und abzocken wollen. Zur Info: Er verkauft seit dreißig Jahren seine Anhängerteile hier. Am Ende wollte ich nur noch weg aus dieser Gesellschaft. Widerlich.

The Joyway Reading Room

Ich habe euch doch von unserem Bücherclub-Projekt erzählt. Es nimmt Formen an! Wir erstellen gerade einen Flyer, um die Idee des Clubs zu verbreiten. Ich habe verschiedene Fotos der Librarystunden an verschiedenen Schulen aufgenommen, in verschiedenen Teams arbeiten wir an der Umsetzung verschiedener Ideen. Es wurde ein deutsches Bankkonto für Spenden eröffnet und im Sommer wird es eine kleine Sommerakademie geben. Näheres in Kürze!

Weitere Informationen auf Facebook: https://www.facebook.com/JoywayReadingRoom (noch im Aufbau)

Der dritte Term

Soo nun neigt sich auch der dritte Term langsam dem Ende zu… Es ist so unglaublich. Nächste Woche schreiben wir Examen und dann… Nunja. Wie ich diesen Term rückblickend beschreiben würde? Interessant. Joa, doch. Auf jeden Fall anders. Der dritte Term hat bei uns an der Schule noch einmal alles umgeschmissen. Zum Positiven wie zum Negativen. Wobei, eigentlich überwiegt das Positive deutlich. Aber mal von vorne:
Die Schule hat einen neuen Administrator! Sir James. Nachdem unser lieber alter Headmaster von der Primary nach seiner Krankheit nicht imstande war, das Amt wieder aufzunehmen, musste jemand Neues her. Der Ersatz war gefunden und es sollte alles anders werden. Denn Sir James ist zwar ein sehr netter Kerl, allerdings weiß er auch was sein Ziel ist: Swedru Christ the King soll eine der besten Schulen Ghanas werden. Und nein, das halte ich nicht für übertrieben. Der zieht das durch. Mit Disziplin, Arbeitswillen und eisernen Regeln. Aber es wirkt. Die Schule ist still (was nicht zuletzt auch an der Fertigstellung von drei neuen Klassenräumen liegt), arbeitet und die Lehrer kriegen keine freie Minute mehr. Zwei haben deswegen gekündigt. Der Unterricht wird kontrolliert, die Exercises, die Einhaltung des Stunden- und Lehrplans. Sir James ist dabei extrem engagiert und akzeptiert sogar Verbesserungsvorschläge. Nur ist er mit dem Bild des Freiwilligen wohl nicht so ganz vertraut, was Lorenz und mir einige… Diskussionen eingebracht hat. Sir James vertritt die Ansicht, wir seien vollwertige Lehrer (was bei unserem Arbeitspensum, welches das eines normalen Lehrers beizeiten übersteigt) und dementsprechend haben wir natürlich jeden Tag anwesend zu sein. Jetzt ist es allerdings so, dass unsere Organisation gerade zum Ende hin verschiedene Exkursionen für und mit uns organisiert; darunter ein Gerichts- und Farmbesuch. Sir James wollte uns nicht gehen lassen, es kostete jedes Mal einige Überzeugungsarbeit. Er sagt, wenn wir nicht da seien, würden wir eine Lücke hinterlassen, unsere Schüler würden nicht unterrichtet. Vollkommen richtig – aber sollte man dann nicht besser unsere Aufgaben kritisieren? Wie kann es sein, dass Freiwillige, die „Unterrichtsassistenz“ leisten sollen, eine Lücke hinterlassen? Beim besten Willen, das sollte nicht das sein, was Freiwillige tun… Und dann auch noch Ghanaern Arbeitsplätze wegnehmen. Wir sind dran, dagegen vorzugehen. Cheers!

Yovo, Yovo, Bonsoir!

Dies ist ein Eintrag vom 15. Mai:

 

Swedru hat mich wieder! Ich bin unsicher, ob ich darüber jetzt so recht glücklich sein soll oder nicht, vermutlich ist das auch nicht so ganz relevant. Die letzten Wochen waren auf jeden Fall ordentlich turbulent. Meine Schwester war da (ich berichtetet…), die Examen wurden geschrieben, ich korrigierte mir die Finger wund und genoss danach ein kurzes Zeitfenster mal wieder grenzenloser Freiheit.

Es ging diesmal, sehr richtig, in’s Ausland! Ich bin doch schon im Ausland, werdet ihr sagen. Naja, im Moment liegt mein Wohnsitz offiziell in Ghana 🙂 Und diesmal ging es also wirklich in’s Ausland. Soo und jetzt dürft ihr gerne einmal den Globus herausholen, liebe Freunde, und aufgepasst: Wer hat in Geographie seinerzeit am Besten aufgepasst? Sucht doch mal… die Sklavenküste. Und los! Naa… Fündig? Ne? Komisch. Wie steht’s mit der Goldküste? Und? Auch nicht? Na sowas. Aber die Elfenbeinküste, die müsste jeder finden oder? Genau. Da in Westafrika, westlich von Ghana. Und die Goldküste und Sklavenküste liegen auch hier. Rechts daneben. Glücklicherweise sind diese Gebiete mittlerweile umbenannt. Die Goldküste heißt heute Ghana und Togo und Benin sind das, was früher als Sklavenküste bekannt war. Schrecklich oder? Ja, früher fand ich den Namen „Elfenbeinküste“ auch immer super schön. Heute relativiert sich das stark durch den Hintergrund der Ausbeutung dieser beiden Landstriche. Denn auch wenn zumindest Ghana, Togo und Benin den Stempel der Kolonialherrschaft nicht mehr im Ländernamen tragen, so macht sie sich doch noch an vielen anderen Stellen bemerkbar. Und, meine lieben Freunde, Togos Kolonialherr war unter Anderem Deutschland.

Das war also zunächst unser Reiseziel. Togo. Ein kleines, friedliches Land östlich von Ghana. Mit Reisepässen und Impfausweisen im Gepäck, ging es für Paul, Lorenz und mich im Tro bis zur Grenze. Rosa war von der gerade überstandenen Malaria noch etwas schwach und sollte einen Tag später nachkommen. Die Cedis waren schnell in Francs CFA umgetauscht, das Visum ausgestellt. Die Reise in diese neue, unbekannte Welt konnte losgehen! Und die Sprachprobleme waren schnell da: Nach 8 Monaten Englisch fiel es mir doch deutlich schwer, plötzlich auf Französisch umzustellen. Und auch meinen Mitstreitern fiel es nicht einfacher. Aber zum Glück, mit viel Lächeln, Händen und Füßen konnte auch diese Barriere schnell überwunden werden. Bald schon saßen wir mit einem leckeren Salat und Cola aus 600ml-Glasflaschen bei einer lauen Brise in Lomé am Strand.

Ich möchte hier jetzt gar nicht detailliert auf die einzelnen Stationen unserer Reise eingehen. Dieser Urlaub war nicht so sehr darauf ausgerichtet, viel zu sehen, viel zu machen, viel zu erleben. Viel mehr wollten wir einfach… Sein. Fühlen. Eindrücke gewinnen. Wir lernten in Lomé einen unglaublich netten und hilfsbereiten Menschen kennen, ohne den wir das ein- oder andere Mal garantiert noch sehr aufgeschmissen gewesen wären. Victor Gugel ist Deutsch-Beniner und betreibt eine kleine Galerie in Lomé. Tausend Dank für alles, Victor! Wir schauten uns die wunderschöne kleine Hauptstadt Lomé an, entspannten am See, besuchten Amélie (herzlichen Dank nochmal für die Unterkunft und die tolle Begleitung!), Elizabeth, Sandra, Anna und Salim in Kpalimé, gingen wandern, reisten weiter nach Cotonou in Benin und gingen im Norden im Parc National de la Pendjari auf Safari. Auch wenn wir keine Löwen sahen war es doch toll, inmitten von Elefanten und Affen zu Abend zu essen und in Zelten mitten im Park zu übernachten.

Es war eine Reise der vielen Eindrücke und ich habe echt viel davon mitgenommen. Auffallend waren die in weiten Teilen doch recht großen Unterschiede zwischen Ghana, Togo und Benin. Inwiefern genau lässt sich nur schwer tabellarisch erfassen, es war mehr das generelle Gefühl. Die Leute waren – so unser Eindruck – wesentlich zurückhaltender und doch mindestens genauso nett und hilfsbereit. Für jemanden, der bloß auf der Durchreise durch Westafrika ist, mögen die Unterschiede zwischen den drei Ländern recht klein oder kaum zu erkennen sein. Es gibt Strand, Berge, Wasserfälle, Schulen, recht viel Müll auf der Straße; es gibt bunte Stoffe, volle Märkte und überaus nette Menschen. Und an diesem Punkt bin ich dankbar, dass ich ein ganzes Jahr lang in Ghana leben und das Leben erfahren darf. Denn so wird man ein wenig sensibilisiert für die Unterschiede, die existieren. In Europa würde niemand auf die Idee kommen, das Leben in Deutschland und Frankreich zum Beispiel „gleich“ zu nennen. Weil wir in Deutschland leben und uns bei einem Besuch im Ausland die Unterschiede auffallen. Diese Unterschiede äußern sich im Essen, in der Straßengestaltung, im Schulsystem, in der Sprache, in der Mentalität, im Glauben und der Kultur. Auch ich war nur zu Besuch in Togo und Benin und kann meine Erfahrungen dort nur als Tourist beschreiben. Und selbstverständlich erhebt meine Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch möchte ich hier, um euch einen groben Einblick zu verschaffen, auf einige Dinge eingehen, die mir aufgefallen sind. Unzusammenhängend.

 

Das Essen: Viele Dinge sind gleich. Es gibt Fufu, Banku und Kenkey, Reis, Fleisch, Fisch, Yam, Kasawa und Plantain. Die Hauptbestandteile sind Yam, Plantain, Kasawa und Meis; es wird viel Palmöl verwendet. Dennoch gab es auch andere Dinge, die wir sehr begrüßten: Allen voran Baguette! Auch wenn es ob der hohen Luftfeuchtigkeit oft recht pappig war, war es eine Wohltat, Brot zu essen, welches nicht mit Unmengen an Zucker angereichert war. Dazu zeigten sich die Togoer doch recht experimentierfreudig, was den Aufstrich anbelangt: Sie bestrichen das Baguette mit Guacamole oder Salat. Insgesamt gab es Salat als Hauptgericht, einfach so. Das wäre in Ghana definitiv unvorstellbar! Es gab Spaghetti, Erbsen, Couscous und sogar selbst hergestellten Käse. Es war alles soo lecker und bot eine willkommene Abwechslung zum ghanaischen Essen. Auch frischgepresste Fruchtsäfte waren keine Mangelware.

 

Das Schulsystem: Wie das Schulsystem im Einzelnen funktioniert habe ich in dieser kurzen Zeit natürlich nicht herausfinden können. Es gibt die école primaire, das collège und das lycée in dieser Reihenfolge, ähnlich wie in Frankreich. Auch hier gibt es die Unterteilung in öffentliche und private Schulen, wobei auch für die öffentlichen Schulen Geld gezahlt werden muss. Der Unterricht geht generell nur von 8 bis 12 Uhr und sehr große Klassengrößen sind ob fehlenden Lehrern nicht selten. Die Unterrichtssprache ist Französisch und generell hatte ich das Gefühl, dass Französisch in der Bevölkerung besser gesprochen wurde als Englisch in Ghana.

 

Die Transportmittel: Das in Ghana so oft angepriesene Tro-Tro findet in Togo und Benin kaum Beachtung. Lange Strecken werden mit dem Bus oder dem Taxi zurückgelegt und sind damit häufig teuer. Für die Fahrten in den Städten gibt es die Zemijems, das sind Motorräder, die die Passagiere hinten drauf mitnehmen. Sehr cool sag ich euch! 🙂 Die Taxis und wenigen Tros sind dann häufig überladen (ganz anders als in Ghana!), Taxis fahren grundsätzlich nur mit 6 Passagieren los und auch in Tros wird jeder Zentimeter genutzt. Auf Dachlast wird wenig bis keine Achtung gegeben; zur Seite umgestürzte Tros und Kleinbusse waren leider keine Seltenheit.

 

Der Glaube: Nicht die einzige Religion, aber neben dem Christentum doch die größte, ist Vodoo. Ja, richtig – ich musste auch direkt an Vodoopuppen und Flüche denken. Es ist sehr schade, dass eine Religion so einen negativen Beiklang hat – denn Vodoo hat komplett andere Grundsätze. Ich bin kein Anhänger dieser Religion und deshalb steht es mir nicht zu, ausführlich und mit Anspruch auf Vollständigkeit über Vodoo zu berichten. Ich möchte euch aber dennoch wenigstens einen kurzen Überblick geben, um das Vorurteil der „Schreckensreligion“ zu entkräften.

Die Gläubigen glauben an einen Gott, der sich in vielen Dingen zeigen kann: Im Meer, in Tieren, Bäumen usw. Jeder glaubt aber nur an den einen Gott, beispielsweise an den Meeresgott. Es ist ihm freigestellt, diese Richtung dabei zu wechseln, wenn er sich dazu berufen fühlt. Dieser eine Gott wird verehrt – dabei besteht der Grundsatz des Glaubens jedoch nicht in der Hoffnung auf ein erfülltes Leben nach dem Tod, sondern vielmehr streben die Gläubigen nach einer Perfektionierung ihres irdischen Lebens. So gibt es in Gemeinden meist verschiedene Steinfiguren, die bestimmte Ideale verkörpern: Freundschaft, Fruchtbarkeit, Gesundheit und vieles mehr. Die Menschen können herkommen und dafür beten. Selten werden Opfergaben dargebracht.

Die Sache mit der Magie (die es tatsächlich gibt): Es gibt Magier (bzw. jeder kann ein Magier sein), die ihre Kräfte jedoch in der Regel für Gutes einsetzen. Mit Hilfe von getrockneten Tieren und Kräutern werden Amulette für Glück, Liebe oder Schutz hergestellt. Diese Magie kann mit Flüchen missbraucht werden, allerdings werden die dies praktizierenden Personen selber sehr verachtet und nicht selten aus der Gesellschaft ausgestoßen.

 

Der Wohlstand: Auch hier weise ich definitiv kein fundiertes Wissen auf und kann nur von Beobachtungen sprechen. Togo und Benin sollen de facto ärmer als Ghana sein. Nicht zuletzt wird Ghana als aufsteigender Stern in Westafrika gesehen und hat den Schritt zum „Schwellenland“ geschafft. Auch in Togo und Benin werden keine Menschen Hunger leiden. Die Armut der Bevölkerung äußert sich eher in fehlenden Wasser- und Stromanschlüssen, schlechterer Bildung oder der Kleidung. In Benin sind wir während unserer Reise an zwei SOS-Kinderdörfern vorbeigefahren.

 

Soo, das war’s erstmal meinerseits. Wer es bis hierher geschafft hat: Danke für euer Interesse und auch weitere Nachfragen sind immer willkommen! Ganz besonders Interessierte kann ich auf die Freiwilligenblogs der Leute in Kpalimé verweisen, ihr findet einige Verlinkungen in der rechten Spalte. Mein Fazit: Ich fand es unglaublich toll, noch Einblicke in zwei weitere westafrikanische Länder erhalten zu dürfen und somit mein Bild von Ghana an sich erweitern zu können. Und einmal mehr ist mir aufgefallen, wie unterschiedlich so dicht beieinander liegende Länder doch sind und wie wenig Sinn es ergibt, sie – oder womöglich ganz Afrika – in einen Topf zu schmeißen!

In dem Sinne: Ich bin in Ghana liebe Leute, nicht bloß in Afrika 🙂

Kwahuoooooooooh – Kwahu

Dieser Ruf erschallte oft durch das Radio. Das Osterwochende stand vor der Tür und Claire, Rosa, Paul und mich hatte es zusammen mit den Ghanaern Bright und Charles nach Kwahu verschlagen. Genauer gesagt in’s Kwahu-Hochland, wo jedes Jahr an Ostern die größte Feierei Ghanas stattfindet. Wir konnten freundlicherweise bei einem Bekannten von Bright in der Familie unterkommen, was neben dem geringen Kostenaufwand noch einen anderen Vorteil barg: Am Ostersonntag kauften wir uns eine Ziege, schlachteten sie – und aßen sie zusammen mit leckerem Fufu. Es ist schon ein komisches Gefühl, an einem Bein herumzunagen, wo sich das Gelenk noch bewegen lässt, ein paar Haare abstehen und der Huf noch dran ist. Und so ganz schmecken tut mir das Fleisch auch nicht. Aber es war mal eine sehr interessante Erfahrung 🙂 Die Feiereien im Hochland ließen wir an uns vorbeiziehen, ohne wirklich daran teilzunehmen. In vielen Dörfern wurde laute Musik gespielt und es gab eine Bar- und Kneipenmeile. Aber die Gesellschaft zu vieler betrunkener Ghanaer ist dann doch nicht immer soo angenehm. Nein, wir waren wegen etwas Anderem hier: Dem 9. Paragliding-Festival. Dies wird jedes Jahr seit 2006 von ein paar US-Amerikanern veranstaltet und mit Unterstützung von Piloten aus der ganzen Welt durchgeführt. Und auch wir wollten den Sprung in die Tiefe wagen. Die Aussicht von dem Berg war atemberaubend. Man überblickte das ganze Tal und sah die einzelnen Dörfer, die in Wald eingebettet waren. Die Sonne brannte vom Himmel, doch auf dem Berg wehte ein angenehmer Luftzug. Ghanaer, US-Amerikaner, Deutsche – sie alle und noch viel mehr hatten sich hier oben versammelt und jeder Start wurde mit einem Aaaah! und Ooooh! kommentiert. Es war eine schöne Atmosphäre, die die doch recht lange Wartezeit kurz erscheinen ließ. Schließlich waren wir an der Reihe. Paul startete (Rosa war zwischenzeitlich erkrankt und Claire, Bright und Charles hatten sie nach Hause begleitet), gefolgt von Vivian und Freya, die wir unterwegs getroffen hatten. Dann war ich an der Reihe. Jorge aus Peru begrüßte mich, schnallte mich an und gab mir einen Helm. Er gab mir die Anweisung, beim Start immer nur zu laufen, einfach zu laufen und nicht aufzuhören, bis er das Kommando gab. Alles klar, hatte ich verstanden. Los ging’s. Doch dann passierte es: Meine extrem abgelaufenen Joggingschuhe fanden auf der trockenen, roten Erde keinen richtigen Halt und nach ca. 10 gelaufenen Metern rutschte ich aus und stürzte. Doch wir hatten schon zu viel Schwung, um den Start noch abzubrechen und so wurde ich ein paar Meter über den Boden geschleift, bevor die luftige Höhe Freiheit bot. Geschafft! Schmerz spürte ich keinen (der kam dafür später umso mehr!), sodass ich den Flug in aller Ruhe genießen konnte. Und es war atemberaubend! Dieses Gefühl, in der Luft zu schweben, nichts mehr unter den Füßen zu haben… Die Landschaft zog unter uns vorbei, es ging auf- und ab. „Du hast einen Superman-Start hingelegt!“ scherzte Jorge. Ich kann verstehen, warum Paragliden sein absolutes Hobby ist. Die Freiheit der Lüfte ist durch nichts zu beschreiben, sie muss man fühlen.

Besuch aus der Heimat

Meine Schwester ist daaaa! Ich habe mich so unglaublich gefreut, es war so toll, sie in die Arme zu schließen und ganz feste zu drücken. Hanna kam am 17.3. mit ihrer Freundin Katharina in Accra an, ich holte sie vom Flughafen ab. Ich konnte es gar nicht fassen, als sie endlich vor mir stand! Es ist schon so unfassbar lange her, dass ich sie das letzte Mal gesehen habe. Und doch sind wir uns noch immer so vertraut. Und es gab viel zu erzählen! Aber das meiste davon musste bis zum nächsten Morgen waren, denn als wir in Swedru ankamen, fielen wir erstmal ins Bett. Am nächsten Morgen konnten wir glücklicherweise ausschlafen (wobei das hier ja auch immer relativ ist, wie Hanna und Katharina auch schnell feststellten :D) und dann begleiteten die beiden mich mit in die Schule. Ich glaube, sie waren ganz schön überfordert mit Allem 😀 Aber das erinnert mich nur daran, wie ich vor sieben Monaten das erste Mal selber in die Schule kam und einfach keine Ahnung von Nichts hatte. Und auch der erste, alleinige Gang durch Swedru war wohl nicht allzu einfach – auch das kann ich bestens nachvollziehen! Aber lest selbst, was Hanna dazu schreibt:

Der Schweiß läuft bei konstanten 33 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von annähernd 100% rund um die Uhr, auch abends kühlt es sich nicht ab. Duschen bringt da nicht ganz so viel, aber daran gewöhnt man sich ganz gut, denn es geht ja allen so. Sehr viel gewöhnungsbedürftiger ist es, ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Wenn wir als Weiße durch die Straßen liefen, waren wir sofort die Attraktion der ganzen Straße, die Ghanaer schauten her, riefen „Obruni“ („weißer“), fassten dich an und freuten sich riesig. Vor allem die Kinder sind total aus dem Häuschen. Und auch wenn das extrem anstrengend ist, sind sie doch alle wahnsinnig herzlich und gastfreundlich. Fragt man jemanden zum Beispiel nach der Richtung zum Guest House, so beraten sich zuerst zehn Leute, dann nimmt dich einer bei der Hand, führt dich durch die ganze Stadt zum Ziel, wünscht dir einen schönen Abend und trottet dann zufrieden zurück – für sie eine Selbstverständlichkeit.

Das ganze Leben spielt sich draußen ab, die Straßen sind voll, laut und häufig leider sehr dreckig.

 

Ab Freitag durfte ich mir dann freundlicherweise eine ganze Woche freinehmen, um meiner Schwester ein wenig von dem wunderschönen Ghana zu zeigen. Ich konnte es gar nicht abwarten: Ich liebe dieses Land und wollte Hanna unbedingt daran teilhaben lassen. Unser erstes Ziel – mit der ersten Tro-Fahrt für die beiden – hieß Cape Coast. Von dort aus nahmen wir uns weiter ein Taxi nach Elmina und besichtigten die Sklavenburg. Das Programm habe ich ja Ende Februar schon einmal gemacht, von daher verzichte ich jetzt hier auf detailliertere Ausführungen dazu. Die beiden gefiel es glaub ich ganz gut und interessant war auch, dass vor der Burg eine riesige Bühne aufgebaut war – von der „Healing Jesus Campaign“. Wie ein Konzertgelände sah das aus. Ein sehr gutes Beispiel, für den vielerorts fanatischen christlichen Glauben hier in Ghana.

Wir übernachteten im Hans’ Cottage (ja, der Name kommt wirklich von einem Deutschen :D), von Cape Coast kommend auf halbem Weg zum Kakum Nationalpark. Dieses Cottage ist eigentlich sehr sehr teuer – wir konnten allerdings im Schlafsaal unterkommen und von daher wurde es dann doch erschwinglich. Dafür war das Gelände superschön: Eine große Teichlandschaft, das Restaurant auf Stelzen hineingebaut und Bäume, die von Vögeln übervölkert waren. In dem Teich sollen sich Krokodile tummeln, wir bekamen ob der kurzen Zeit, die wir da waren jedoch keins zu Gesicht. Am nächsten Tag ging es früh weiter, denn wir wollten noch vor den Massen im Nationalpark sein. Der Kakum Nationlpark neben Cape Coast wohl die bekannteste Touristenattraktion hier in Ghana und dementsprechend erwarteten wir auch viel. Und enttäuscht wurden wir bei Weitem nicht! Der Park ist ein Stück sekundärer Regenwald und steht natürlich unter Schutz. Man lernt viel über die Zusammensetzung des Waldes, über Fauna und Flora, über Geschichte und Entwicklung. Es werden verschiedene Touren durch den Wald angeboten, wir entschieden uns für das Highlight: Den Gang über den Canopy-Walkway! Es war atemberaubend! Man wandelt über Brücken durch die oberen Schichten des Regenwaldes und genießt eine wahnsinnige Aussicht. Hanna und Katha waren ganz begeistert, es gibt kaum eine bessere Gelegenheit, tief in den ghanaischen Regenwald abzutauchen. Leider war diese Tour sehr schnell wieder zu Ende und nach Stärkung mit Eis und Palmwein ging es per Anhalter nach Cape Coast zurück. Den Nachmittag bereiteten wir uns eine leckere Guacamole zu (die Avocadozeit hat angefangen! Yummy) und genossen die Aussicht auf der Dachterrasse unseres Guest Houses. Beim Strandspaziergang (der hier wirklich nicht zu empfehlen ist) lernten wir noch zwei weitere nette Freiwillige kennen und den Abend ließen wir im Oasis bei Musik, Cola und Skat ausklingen.

Da das Castle am Samstagnachmittag schon früh geschlossen war, setzten wir dies auf den Sonntagvormittag an. Ich schenkte mir allerdings die erneute Besichtigung und setzte mich stattdessen mit meinem Buch an den Strand 🙂 Anschließend liefen wir zur Tro-Tro-Station und versuchten, ein Tro nach Kumasi zu bekommen. Das gestaltete sich zwar nicht als allzu schwierig, allerdings mussten wir dann noch sehr lange warten. Sonntag halt.

Der Regen fing an, als wir Kumasi erreichten. Es war dunkel geworden, der Himmel wolkenverhangen und wir wurden an einem kleinen Platz herausgelassen. Endstation. Frage: Wo sind wir? Ich bin zwar schon einige Male in Kumasi gewesen, allerdings ist Kumasi riesengroß. Der Regen drohte immer heftiger zu werden. Aus dem Grund ließen wir uns von einem Taxifahrer überreden, direkt ins Hostel gebracht zu werden. Der Preis war fair und das Hostel super! Es ist von der Presbyterian Church und liegt direkt zentral im Stadtteil Adum. Nur zu empfehlen! Es stellte sich heraus, dass wir von der Entfernung her auch hätten laufen können, aber so wurden wir sicher ans Ziel gebracht. Der Regen war mittlerweile stärker geworden und prasselte auf dem kurzen Weg vom Auto ins Hostel auf uns herab. Aber wir waren im sicheren Hafen und bezogen Quartier. Witzigerweise traf ich dort auch noch Janine und Franziska – zwei Freiwillige vom Roten Kreuz, die ich bei der Novemberwanderung in Koforidua kennengelernt hatte. Sie kamen vom Lake Bosumtwi und sagten, der sei gut in Form eines Tagesausfluges von Kumasi aus zu schaffen. Das klang doch gut, so mussten wir nicht am Ende der Woche noch mal umziehen, sondern konnten einige Tage in Kumasi bleiben.

Montags machten wir einen ausgiebigen Stadtbummel. Dafür führte uns der erste Weg in das bekannte Kulturzentrum Kumasis. Dies ist ein weitläufiges, frei zugängliches Parkgelände. In einzelnen Häusern sind Handwerker angesiedelt, die sich bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen ließen und Fragen beantworteten. Wir erfuhren eine Menge über die Kenteweberei, Schnitzkunst, Malkunst, Töpferei, Goldschmiedekunst und viel mehr. Es war super interessant und wir verbrachten hier mehrere Stunden. Zwischendurch erstanden wir Kleinigkeiten der Handwerker. Es war ein wunderschöner Vormittag, doch allzu viel Zeit hatten wir nicht: Wir wollten noch zum Zentralmarkt. Also verließen wir das Gelände mit vollen Taschen, bogen nach links ab… Und schauten einem Dromedar in die Augen. Moment – irgendwas passt da nicht. Da stand ein Dromedar auf der Straße! Mitten in Kumasi! Und irgendwas stimmte da wirklich nicht, auch die Bewohner schauten sich ungläubig und verunsichert an. Zwar standen wir direkt vorm Zoo… Aber das Dromedar sollte doch wohl besser in den Zoo und nicht vor die Eingangstür! Ein Verantwortlicher war weit und breit nicht zu sehen. Plötzlich fand das Dromedar Interesse an drei weißen Menschen und trat ein paar Schritte auf uns zu. Wir flohen vorsichtshalber 😀 Bis eine Frau sich ein Herz nahm und das Tier mit ihrem Besen zurück durch die Tür jagte. Na denn 😀 Wir liefen also weiter zum Zentralmarkt. Doch was uns dort erwartete, dafür waren wir nicht gewappnet. Ich bin zwar früher schon einmal hier gewesen – dort allerdings mit meiner ortskundigen Gastschwester, und es war ein Sonntag direkt nach Weihnachten gewesen, dementsprechend also längst nicht so voll. Wir wurden erschlagen. Von den Menschenmassen, von der Geschäftigkeit der Leute, von den Waren, von den engen Gassen auf dieser riesigen Fläche. Es dauerte nicht lange, und wir hatten uns vollends verirrt. Drei Obrunis alleine auf dem Markt. Das war keine so gute Idee. Wir fielen natürlich überall auf, viele Leute wollten natürlich uns erst Recht etwas verkaufen, anderen standen wir nur im Weg in diesen engen Gassen. Es war ein Gewusel, aus dem es keinen Ausweg zu geben schien. Wir liefen durch den Bereich für Textil und Schmuck, Fleisch, Fisch, Gemüse und Getreide, Bohnen usw. Es gab alles, es war Wahnsinn. Uns stellte sich die Frage: Wie organisiert sich so etwas? Wie kommen die Waren hierher, wie wieder weg? Und: Wer kauft das alles? Alles Fragen, die unbeantwortet blieben, aber wir hatten genug gesehen. Es reichte, wir wollten einfach nur noch weg. Aber: Wie? Der Plan war, so lange in eine Richtung zu laufen, bis wir irgendwann an einen Rand kämen. Früher oder später ging der Plan auch auf und mühsam konnten wir uns aus dem Gedränge befreien. Puh, einmal und nie wieder. Respekt an die Marktfrauen.

Dienstags sollte etwas ruhiger werden und wir fuhren zum Lake Bosumtwi. Dies ist ein sehr großer See südöstlich von Kumasi und wird von den Ashanti (der um Kumasi lebenden Volksgruppe) als heilig verehrt. Man ist sich über die Entstehung des Sees im Unklaren, man vermutet, dass er vor vielen Jahren bei einem Meteoriteneinschlag entstanden ist. Der See besitzt weder Zu- noch Abflüsse und ist an einigen Stellen bis zu 70m tief. Es bot sich ein wunderschönes Bild: Dieser ruhige, sehr große See, im Hintergrund die Berglandschaft. Die Fischer, die auf ihren Brettern sitzen und bis den Händen paddeln, vor sich einen Korb zum Fischfang. Aus religiösen Gründen ist es ihnen nicht erlaubt, Boote zu benutzen. Es war superschön. Wir saßen am Ufer des Sees, lasen, spielten Karten und schlürften frische Kokosnüsse. Ach, was ging es uns gut.

Mittwochs lief dann nicht ganz so reibungslos. Unser Ziel war Obuasi, etwas eineinhalb Stunden südlich von Kumasi. Ghana wird nicht umsonst die „Goldküste“ genannt, früher genauso wie heute, ist Ghana reich an Goldvorkommen, welches in verschiedenen Städten abgebaut wird. Obuasi gehört dazu. Doch kaum meldeten wir uns im Büro für die Besichtigung, bekamen wir einen mitleidigen Blick: Die Miene ist seit letztem Jahr für Besucher geschlossen, es gibt einen Defekt an der Rampe, die Besucher hinabbringen soll. Juhu, danke! Super, echt! Eineinhalb Stunden für nichts… Und den gleichen Weg zurück. Grummel. Immerhin waren die Leute nett und auf dem Rückweg kamen wir an der MMT-Station in Kumasi an, sodass wir uns nach den Abfahrtszeiten erkundigen konnten. Uns wurde das Owabi Wildlife Reserve empfohlen, etwa eine halbe Stunde westlich von Kumasi. Spontan nahmen wir uns ein Taxi und kamen am Büro des sehr ländlich gelegenen Reservats an. Freundlich wurden wir begrüßt und direkt starteten wir unsere Tour durch das Reservat. Es war superschön! Das hätte ich nicht erwartet. Es war tiefer Regenwald und wir liefen einfach nur. Dieses Gefühl, abgeschottet zu sein von allem, Vogelzwitschern, Insektenzirpen, man sieht Termitenhügel und Vögel über Vögel, Schmetterlinge und eine atemberaubende Flora. Unter gigantischen Bambushainen machten wir eine Pause und eine weitere bei einem kleinen Stausee. Wir genossen die Landschaft und den Augenblick, nur wir, hier, alleine auf der Welt. Wahnsinn.

Unsere Siebensachen im Gepäck, brachen wir Donnerstag früh auf in Richtung Norden und checkten in Mampong in einer ziemlich schäbigen Absteige ein. Es war ja nur für eine Nacht. Den Nachmittag noch vor uns wollten wir zu den Mframabuom-Höhlen bei Nsuta. Auf mit dem Taxi in dieses kleine Dorf! Ja… Da standen wir nun und wurden kritisch beäugt. Alle schienen mit ihren Blicken zu fragen „Was wollt IHR denn hier in diesem kleinen Dorf…?“ Naja so fühlten wir uns auch. Dennoch konnte uns niemand die Frage beantworten, wie wir denn nu zu diesen Höhlen kommen sollten. Irgendwie sprach auch kaum jemand richtig Englisch. Auf’s Geratewohl liefen wir einfach mal los, in eine Richtung, die uns plausibel erschien. Am Ortsausgang trafen wir dann einen, der uns spontan den Weg zeigen wollte. Er musste nur noch seine Schuhe suchen. Wir gingen also los, in eine andere Richtung. Vor diesem Ortsausgang, trafen wir drei alte Damen auf ihren Stühlen unter’m Baum sitzen. Natürlich sprachen die kein Englisch, sondern unterhielten sich nur mit unserem selbsternannten Guide. Immer mehr Leute kamen hinzu und diskutierten angeregt. Wir saßen einfach da und warteten ab. Irgendwann stellte es sich heraus, dass es wohl viel zu weit sei, zu laufen. Wir bräuchten ein Auto. Also sollte irgendjemand ein Auto organisieren. Währenddessen kam schon der nächste, wir sollten uns doch vorher erst beim Chief anmelden. Also auf zum Chief. Der Chief war nicht da. Also sein Stellvertreter. Alles klar, es kann losgehen. Moment – wohin? Es gibt zwei Möglichkeiten. „Das mit dem kürzeren Weg“ schlugen wir vor. Alles klar. Wir brauchen ein Auto. Okay, hier ist ein Auto. Alle Mann rein. Wir mit 11 anderen Leuten in einem Jeep. Alles klar 😀 Los ging’s, wir mit unserer Eskorte. Wir fuhren nicht weit die Straße hinauf und stiegen dann alle aus, um zu Fuß weiter durch hohes Gras zu stapfen. Tatsächlich kamen wir bei einer versteckten Höhle an. Und betraten sie sogleich. Es war stockfinster, doch zum Glück hatte jemand Taschenlampen organisiert. Die Höhle wimmelte von Fledermäusen! Boah war das krass. Wir gingen zeitweise echt in Deckung. Stück für Stück gingen wir tiefer in die Höhle hinein. Der Untergrund war schlammig, Wasser tropfte irgendwo. Hier hätten sich die Menschen versteckt, erklärte der Guide, wenn Gefahr drohte. Es war beklemmend. Und mit einem Mal sahen wir sie: Insekten. Spinnen. Oder was auch immer. Die Höhle war übersät damit! Tausende Viecher hingen an den Höhlenwänden! In ganz geringem Abstand. Egal wo man hinschaute, überall waren sie. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Was machten wir hier? Egal, weiter ging’s. Dann kam eine Passage, die nur etwa hüfthoch war. Wir mussten kriechen. Weiter oder zurück? Egal, weiter. Sagte ich. Wollte ich das auch? Ich bückte mich. Und sah, dass auch diese Decke übersäht war mit den Viechern. Ich stolperte vorwärts. Nicht nachdenken, nicht hinleuchten. Dann war es überstanden. Erstaunlicherweise klebte keines dieser Tiere an mir. Vermutlich hatten sie mehr Angst vor mir als ich vor ihnen. Puh. Endlich traten wir ins Freie. Geschafft, frische Luft füllte unsere Lungen. An einem Bach wuschen wir den Dreck von unseren Knien. Das war toll. Doch nicht noch einmal.

Freitag. Es war schon Freitag. Unser letzter Tag, morgen ging es für die beiden weiter nach Bolgatanga, ich sollte zurück nach Swedru fahren. Also noch mal voll genießen. Wir fuhren in das nächste kleine Dorf, von wo aus unsere Wanderung diesmal starten sollte. Die Landschaft war wunderschön: Grüne, üppige Landschaft, gesäumt von hohen Bergen. Einen Berg besteigen, das ist es, was wir uns für heute vorgenommen hatten. Wir standen allerdings vor einem Problem: In den Dorf, in dem wir soeben angekommen waren, um zum nächsten zu fahren (von wo aus die Wanderung starten sollte) erfuhren wir: Das Dorf gibt es gar nicht! Hier ist Endstation! Hm. Danke, Reiseführer. Zum Glück war es nicht ganz so dramatisch, da uns hier direkt ein Führer zur Seite gestellt wurde, der super lieb war und uns den beschwerlichen Weg auf einen Berg begleitete. Was wir dann oben sahen, hatten wir so nicht erwartet: Dieser Berg wird auch der „heilige Berg“ genannt und aus allen umliegenden Ortschaften kommen Menschen hierher, um zu beten und den Weg zu Gott zu finden und die Beziehung zu stärken. Sie blieben hier ein, zwei, fünf Wochen oder sogar mehrere Jahre. Anfangs gingen wir durch so etwas wie Camps; oben auf dem Berge war eine richtige Stadt entstanden, mit Verpflegung und festen Häusern. Wahnsinn. Es wimmelte von Menschen, die alle eine große Glaubensgemeinschaft bildeten. Wir genossen die tolle Aussicht und wurden herzlich empfangen.

Dies war der letzte Tag. Am Samstagmorgen in aller Frühe trennten sich unsere Wege. Es war super schade. Es versetzte mir einen richtigen Stich, meine Schwester ziehen zu lassen. Alles an ihr hatte mich an zu Hause erinnert. Irgendwie bin ich beizeiten doch froh, dass es nur noch knappe vier Monate bis zu meiner Rückkehr sind.

 

 

Am Freitag der darauffolgenden Woche stieß ich dann wieder mit ihr und Katha zusammen: Wir trafen uns an einer Station in Accra, um gemeinsam den letzten Abend zu verbringen. Die beiden hatten unterdessen im Norden viel erlebt und man merkte deutlich, dass sie sich schon ein wenig an die ghanaische Mentalität gewöhnen konnten. Das war schön zu sehen. Wir nahmen also ein Tro in Richtung Ada Foah, an die Küste der Voltamündung. Hier sollte es wunderschön sein und wir wollten den letzten Abend nutzen, noch mal etwas wirklich tolles zu sehen. Angekommen, wurden wir mit dem Boot zur Lodge gebracht. Und es war wirklich super toll. Hier mündet der Voltafluss ins Meer und man hatte die Möglichkeit, ganz geschützt schwimmen zu gehen. Die Lodge war auch super aufgemacht: Es gab viele kleine Hütten am Strand. Der Clou: Es gab keinen Boden! Das Bett stand also im Sand. Das war richtig witzig. Wir genossen den Abend in dieser paradiesischen Atmosphäre und gingen im Sonnenuntergang schwimmen. Der Moment hätte ewig andauern können.

Hannas Fazit der Reise?

Die Landschaft hat uns ziemlich umgehauen. Im Süden der Regenwald, im Norden die Steppe mit den Baobabs (diesen lustigen Bäumen, die aussehen, als hätte man sie aus dem Boden herausgerupft und falsch herum wieder eingepflanzt) insgesamt war die Reise sicherlich eine Erfahrung, die sich mir tief ins Gedächtnis eingebrannt hat und die ich nicht so schnell vergessen werde.

Unser Library-Projekt

Wir Freiwilligen sind gerade mit einem Mentor unserer Organisation dabei, eine Library aufzubauen. Das Problem an vielen Schulen ist, dass zwar Librarylessons (also Stunden, in denen die Schüler ihre Lesefähigkeiten verbessern) vorhanden sind, jedoch keine oder kaum Bücher zur Durchführung zur Verfügung stehen. Also haben wir es uns mit einer kleinen Gruppe zur Aufgabe gemacht, Bücher zu besorgen, die unter den Schulen getauscht werden. So wird sichergestellt, dass jede Schule immer genug Bücher hat und gelesene Bücher nicht sinnlos in der Schule verstauben. Im Moment sind wir am Planen, wie wir die Bücher zwischenlagern, wir sind dabei, weitere Bücher einzukaufen (wir waren schon zweimal in Accra, um einige Bücher zu kaufen) und am Überlegen, wie wir diese Library langfristig initiieren können. Denn es ist geplant, das Projekt mit Hilfe von Spendengeldern auszuweiten und auch Lernplakate und weitere Materialien anzuschaffen. Ich halte euch auf dem Laufenden!