Von Wasserfällen, Natur und der großen Freiheit

Letztes Wochenende stand wieder eine größere Reise an. Weil Sophia blöderweise an Malaria erkrankt war und drei andere Mädels sich kurzfristig ein anderes Ziel aussuchten, beschlossen Paul und ich, alleine loszuziehen.
So ganz wurde das dann aber doch nichts 😀 Direkt am Freitag trafen wir Jakob und Chris an der Tro-Tro-Station in Swedru, sie wollten auch nach Koforidua. Super, ging es also zu viert los 😀 Tro gesucht, Verpflegung gekauft und los ging die Fahrt. Man wird hier echt faul – oder spontan – was die Reiseplanung anbelangt, da man Essen und Trinken an jeder Straßenecke (und an jeder Tro-Station sowieso) bekommt und man auch immer ein Taxi oder Tro findet, das einen günstig sonstwo hinbringt. Echt super 🙂
Chris und Jakob (genau wie Paul Freiwillige vom Roten Kreuz) hatten sich mit anderen Freiwilligen ihrer Organisation verabredet, die in der Nähe von Koforidua in einem Waisenheim arbeiten. So stiegen die Beiden also kurz vor Koforidua aus dem Tro aus und gingen mit zu Janine, Franzi und Andy, um dort zu übernachten. Paul und ich fuhren weiter und wurden gegen halb 6 an der Tro-Station zentral in Koforidua rausgelassen. Das war wieder so eine vollkommen unwirkliche Situation: Du stehst zu zweit auf einer Taxi-Station in einer dir unbekannten Stadt, du hast bloß einen sporadischen Stadtplan in der Hand und keine Ahnung, wo du übernachten sollst. Aber irgendwie ist es dir auch komplett egal, denn irgendetwas findest du eh. Wir suchten im Reiseführer ein günstig scheinendes Hotel und versuchten uns mit Hilfe der Karte zu orientieren. Das ging ordentlich schief, aber so lernten wir immerhin Koforidua kennen. Schlussendlich fragten wir uns dann durch und am Ende brachten uns ein Polizist und sein Begleiter persönlich zum Hotel. Welches… Voll war. „We are full, sorry“. Hm, nichts zu machen. Jey 😀 Nächstes Hotel im Reiseführer gesucht, gefunden – aber diesmal nahmen wir ein Taxi, waren wir bestimmt schon eine Stunde gelaufen und mittlerweile hatte auch die Dunkelheit sich über die Stadt gelegt. Dort hatten wir mehr Glück; wir bezogen schöne, saubere Zimmer, gingen noch auf Essenssuche und dann recht früh ins Bett.
Den nächsten Morgen gingen wir ganz entspannt an – standen auf, gönnten uns Eggbread zum Frühstück und kauften uns Proviant für den Tag, bevor wir ein Tro zu den Boti Waterfalls nahmen. Die Boti Falls liegen zusammen mit dem Umbrella-Stone auf einem Gelände, sodass wir erst zu den Wasserfällen und anschließend zu dem Stein wanderten. Es war eine super schöne Tour. Die Wasserfälle boten eine Kulisse wie im Märchen – verwachsene Mangroven und Sprühnebel der Fälle. Die Wanderung zum Stein anschließend war beizeiten anstrengend; man hatte über größere und kleinere Felsen zu klettern und auch an einer Höhle kam man vorbei. Aber zu jeder Zeit war es eine ausgesprochen schöne Wanderung und die Aussicht vom Stein oben war einfach wahnsinnig. Rast mit Kokosnuss, Wasser und Keksen genossen wir das Gefühl, in Ghana zu sein und zu tun und zu lassen was uns beliebt. Viele Schulklassen machten ebenfalls Ausflüge zu dem Stein, so macht man doch auch unterwegs immer wieder viele Bekanntschaften. Echt schön 🙂 Unweit vom Stein gab es dann noch eine seltene dreigabelige Ölpalme zu bestaunen. Der Stein davor wird von Vielen verehrt und soll angeblich nicht von Menschenhand erschaffen worden sein. Wenn Frauen sich darauf setzen, dürfen sie sich etwas wünschen.
Die Sonne brannte vom Himmel, als wir uns wieder an den Abstieg machten. Meine Waden davon merke ich heute noch 😀 Es war ein tolles Gefühl, sich mal wieder ausgiebig zu bewegen.
Wir verließen das Gelände der Boti Falls und fragten, in welcher Richtung die Akaa Falls lägen. Man wies uns den Weg und so wanderten wir. Über eine Straße an der gelegentlich mal ein Auto vorbeikam, links und rechts grüne Natur. Es war das absolute Gefühl von Freiheit. Nicht zu wissen, wann und vor Allem wo man ankommt. Einfach nur zu laufen. Nach einer guten Stunde hatten wir dann auch tatsächlich die Akaa Falls erreicht. Unsere Füße dankten es uns 😀 Aber es hat sich gelohnt! Und wie. Paul und ich waren eine ganze Stunde allein an dem Wasserfall, der tosend über die Wände brach. Kurzerhand zogen wir uns Badesachen an und nahmen eine Dusche unter dem Fall. Es war einfach das genialste Gefühl überhaupt. Welche tollen Fotos dabei entstanden sind, seht ihr in der Galerie.
Mittlerweile recht erschöpft kehrten wir zum Hotel zurück, nahmen eine wohltuende Dusche und gingen abends noch mit den anderen Obrunis etwas trinken.
Den Rückweg am Sonntag unterbrachen wir für einen kurzen Besuch im CRIG (Cocoa Research Institute Ghana). Das von der Regierung gesponserte Institut liegt auf einem großen, modernen Gelände. Hier werden Forschungen über die Krankheit angstellt, die Kakaopflanzen oft befällt. Ebenso werden die Bohnen bis zum Export vorbereitet. Beim Gärprozess der Bohne entsteht ein Saft, den ein Wärter uns kurzerhand abfüllte. Er schmeckt ziemlich wie Palmwein. Da Sonntag war, konnten wir leider nicht die richtige Führung erhalten. Lediglich die Securitymänner waren anwesend. Einer von ihnen war jedoch so ausgesprochen freundlich, uns das Gelände zu zeigen und ein wenig herumzuführen.

Eine Hochzeit in Kumasi

Uff, jetzt haben wir schon wieder Mitte November. Es ist Mittwoch und ich komme gar nicht hinterher mit dem Schreiben. Die Schule war die letzten beiden Wochen aber auch extrem stressig: Die Class Tests standen an und wollten korrigiert werden, unser cultEx-Club begann (dazu gibt’s nochmal einen eigenen Artikel, wenn ich die aktuellen Themen abgearbeitet habe ;)) und ich musste die End-Of-Term-Fragen ausarbeiten und abgeben. Das bedeutet auch, den Unterricht für den Rest des Terms vorzubereiten und den Stoff fertig zu haben. Heißt, ich war von morgens bis abends am Durcharbeiten. Erst jetzt kehrt langsam wieder etwas Ruhe ein.

Vorletztes Wochenende waren wir in Kumasi. Claire und ich hatten uns am Freitag, den 1.11. und Montag, den 4.11. von der Schule frei genommen und so hatten wir genug Zeit, die sechs bzw. sieben Stunden Fahrt für ein Wochenende in Kauf zu nehmen. Freitag brachen wir ganz früh auf: Bereits um viertel vor 4 Uhr standen wir zusammen mit Gastschwester Shebba an der Busstation, um auf den Bus nach Kumasi zu warten. Für Langstrecken gibt es hier in Ghana große Busse des MMT (Metro Mass Transit)- Unternehmens. Das sind riesengroße orangefarbene Monster, die zu mehr oder weniger festen Zeiten auf festen Strecken pendeln und vergleichsweise günstig sind (für die Fahrt nach Kumasi zahlten wir 12 GHS, das sind ca. 4,50€). Der Bus fährt ab, wenn er voll ist – das ging bei uns relativ fix und so waren wir um viertel nach 4 unterwegs in Richtung der Metropole im Westen Ghanas.
Die Fahrt war lang und holprig, aber man konnte sich die Zeit gut mit Schlafen oder Lesen vertreiben. Mein erster Eindruck von Kumasi war ziemlich überwältigend: groß und es schien recht modern und westlich.
Shebba konnte uns zielsicher durch die Gassen führen, ohne sie wären wir im Trubel vermutlich untergegangen. So besuchten wir zunächst unsere andere Gastschwester Beatrice auf der Arbeit, bevor wir zu Jennifers Mann nach Hause fuhren.
Vielleicht an dieser Stelle etwas zu den Verwandschaftsverhältnissen: Ich wohne in Swedru mit meiner Gastmutter Jennifer. Sie hat zwei Kinder: Shebba, 21 Jahre, studiert in Winneba und Beatrice, 29 Jahre, arbeitet und wohnt in Kumasi. Wer der Vater der beiden ist, bin ich nicht ganz sicher. Jennifer ist mit David (68) verheiratet, der ein eigenes Haus in Kumasi besitzt. Er hat aus erster Ehe 4 Kinder: Eine Frau in London, einen Mann (ca. 40 Jahre), der mich nur kurz gegrüßt hat. Dann noch Cynthia, die selber drei Kinder hat (Junior (5), Ohene (1) und Korbi (1 Monat)) und Richlove, die an diesem Wochenende geheiratet hat. So viel dazu 😉
Wir kommen dann also am Freitag gegen 11 Uhr an dem Haus der Familie an – Jennifer war ja schon dort  – vollkommen fertig von der Reise, müde und mit zerzausten Haaren platzten wir in die Verlobungsfeier von Richlove und George. Super! Ganz viele Gäste in und um’s Haus, alle schick herausgeputzt und wir mittendrin. Jennifer begrüßte uns überschwänglich („I missed you a lot!“) und führte uns direkt in einen kleinen Raum (das Wohnzimmer), in dem der „traditionelle Teil“, die Verlobung, stattfand. In dem Raum saß das Paar, gekleidet in wunderschönen Kentestoff, an der einen Seite des Raumes; Münnder und Frauen an den anderen Rändern. Einer nach dem Anderen sprach – soweit ich das beurteilen konnte – Glückwünsche und Segen, in der Mitte stand ein Kamerateam und filmte alles.
Claire und ich kamen uns ein wenig fehl am Platze vor, kannten wir doch nicht einmal das Brautpaar. Etwa eine halbe Stunde ging die Zeremonie noch, dann war das Programm für den Tag gelaufen und wir genossen die restliche Zeit im Haus der Familie.
Unsere Neffen Junior und Ohene sind einfach absolut goldig und zum Knuddeln, Junior hat mich schon zu seiner zukünftigen Ehefrau erklärt. Auch Atat lebt bei der Familie. Der 21-jährige Schüler kommt aus Swedru und lebt seit sechs Jahren in Kumasi, um im Haushalt zu helfen. Mit ihm quatschte ich noch eine ganze Weile beim Abwasch, bevor wir viel zu erschöpft ziemlich früh schlafen gingen.
Samstag war dann die eigentliche Trauung. Wir putzten uns heraus und brachen dann vormittags gemeinsam in Richtung Kirche auf. Die Trauung an sich war eher unspektakulär, das fand ich ein bisschen enttäuschend… Im Prinzip war es wie ein normaler Gottesdienst (auf Twi…) und am Rande wurde dann das Ehegelübde gesprochen. Viel gibt’s da nicht zu erzählen, es war die gleiche Zeremonie wie bei einer Hochzeit in Deutschland. Fotos wurden gemacht, anschließend ging es dann zur Feier weiter. Die fand auf einem recht großen Gelände statt, es waren Tische und ein Buffet aufgebaut und alles war wunderschön geschmückt. Auch die Hochzeitstorte durfte natürlich nicht fehlen 😉 Es wurde gegessen und anschließend getanzt, und auch vom zwischendurch einsetzenden Regen ließ sich niemand beirren. Es war eine schöne Feier, wir hatten viel Spaß mit Beatrice und Shebba und es war super witzig, Junior, Ohene und den anderen kleinen beim Al Quaeda-Tanzen zuzuschauen.
Kleiner Exkurs: Hier gibt es verschiedene Tänze, die gerade IN sind und von allen getanzt werden. Zwei Beispiele sind Azonto und Al Quaeda (vielleicht schaffe ich es nochmal irgendwann, die Tänze zu filmen). Bei Al Quaeda mussten wir alle erst einmal schlucken und noch zwei Mal nachfragen – aber es ist tatsächlich die Terrorgruppe gemeint. Durch das Tanzen dieses Tanzes drücken die Leute aus „Uns interessieren eure Machenschaften nicht, ihr könnt uns nicht verängstigen“.
Abends fuhren wir dann noch mit Shebba, Beatrice und einem Freund von ihr etwas trinken.
Sonntags war ein ruhiger Tag. Um 11 Uhr gingen wir zur Messe (obwohl 9 Uhr angekündigt war…), verbrachten dort 3 Stunden und sahen danach noch Shebba beim Friseur zu, wir ihr die Haare gemacht wurden. Ansonsten lesen, mit den Kiindern spielen, mit Ata quatschen und Beatrice ein paar deutsche Vokabeln beibringen.
Es war schön, mal endlich nichts machen zu müssen, keine Verpflichtungen zu haben – einfach mal chillen und Dinge Dinge bleiben lassen zu önnen. Ich habe das Wochenende richtig genossen – mal aus dem Alltag herauszukommen und neue Kraft zu tanken. Und ich freue mich jetzt unglaublich auf Weihnachten, welches wir in Kumasi verbringen werden. Ich freue mich unglaublich darauf, diese Familie wiederzusehen.
Montags ging es dann bloß noch zurück. 2 1/2 Stunden warteten wir an der Busstation, sodass der Tag gelaufen war, als wir um 11.30 Uhr schließlich Kumasi verließen.

Does there always have to be a reason..?

Kurze Momentsaufnahme aus der Schule:

Ich sitze hier im Office, es ist zwanzig nach zwei am Nachmittag – draußen regnet es den üblichen Monsunregen, bis vor Kurzem stand ich selber noch unterm Vordach. Der normale Schulbetrieb hat ausgesetzt, seit der Regen angefangen hat. Warum? Keine Ahnung. Irgendjemand ist auf die Idee gekommen, wir könnten ja mal Volleyball spielen. Also haben sich 6 Mädels aus der JHS Form 3 und auf der anderen Seite 3 männliche Schüler der JHS Form 3, zwei Lehrer und der Headmaster auf dem Schulhof gegenüber aufgestellt – und angefangen, Volleyball zu spielen. Im einsetzenden Regen. Warum? Wie gesagt, keine Ahnung 😀 Es war auf jeden Fall super witzig, Lorenz hat auch direkt mitgemacht. Bestimmt eine halbe Stunde lang haben verschiedene Teams gespielt, ohne Netz, ohne Regeln; einfach ein bisschen aus Spaß. Der Rest der Schule hat zugeschaut und sichtlich Spaß. Soo unglaublich cool 😀