Die Schule hat wieder begonnen!

Gerade spontan einen kurzen Eintrag, um euch auf den aktuellen Stand zu bringen: Die Schule hat wieder begonnen! Kaum war der super Urlaub vorbei, wurde es auch direkt wieder ernst. Mittlerweile sind wir schon in der dritten Woche, nächste Woche stehen schon wieder die ersten Class Tests an! Dann heißt es wieder: Finger wund korrigieren. Es ist doch Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Letzte Woche waren wir auf einer Ananas-Farm, wir kochten deutsches Essen und besuchten einen Swimmingpool hier in Swedru.

Der Unterricht geht seinen gewohnten Gang, ich habe mit meinen Literaturschülern die neue Unterrichtsreihe „Drama“ begonnen und heute festgestellt, dass es fast nicht machbar ist, mit 60 Schülern in einer Klasse anständig Ministücke vorspielen zu lassen. Mal schauen, ob ich da noch eine kreative Lösung finde. In Französisch habe ich mit der Konjugation angefangen – und glaube, dass das auch recht gut verstanden wurde. Was mich ungemein freut, da ich mir echt etwas Sorgen gemacht habe – wie bringt man jemandem bei, der nur Englisch und Fante spricht, dass Verben sich plötzlich verändern wenn man ein Personalpronomen davor setzt? Ich nahm einen Baum zu Hilfe und verglich es mit Stamm und Blättern – der Stamm bleibt immer gleich, die Blätter fallen runter und wachsen neu. Mal schauen, was das gebracht hat, Klarheit wird wohl der Class Test bringen. Ansonsten ist die Klasse 5A von ihrem Platz zwischen zwei anderen Klassen (nur durch ein paar Bretter getrennt) endlich in einen etwas ruhigeren Klassenraum gezogen. Das bringt eine enorme Erleichterung für den Unterricht. Die Klassenlehrer von 5B und 6B haben gewechselt, aber das betrifft mich eigentlich wenig. Dafür müssen wir jetzt genau eintragen, in welcher Woche wir wie viele Exercises mit den Schülern gemacht haben. Na, wofür das wohl sinnvoll sein soll. Heute hatten die Schüler der Form 1B (quasi Klasse 7) eine echt coole Home Economics-Stunde: Sie sollten Teller, Becher, Messer und Gabel mitbringen und haben gelernt, wie man mit Messer und Gabel isst. Das war super witzig, ich glaube, der Großteil hatte wirklich noch nie Messer und Gabel in der Hand! Sie haben sich tierisch einen abgemüht, aber alle hatten super viel Spaß. Und dass in der 7. Klasse überwiegend nicht mit Messer und Gabel gegessen werden kann, ist nun wirklich nicht verwunderlich – es geht eben auch prima ohne.

Auch unser Club läuft wieder. Die letzten zwei Wochen haben wir dazu genutzt, die Briefe, die von Schülern der Anne-Frank-Hauptschule Gronau an unsere Schüler geschrieben wurden, zu beantworten. Die Schüler waren alle sehr eifrig dabei und freuten sich über diese Möglichkeit. Wir schossen noch Einzelportraits und legten sie den Briefen bei. Ich werde das ganze Päckchen kommende Woche auf den Weg bringen. Jetzt verfolgen wir in der AG unsere alten Ziele neu: Mit den 5er-Klassen wollen wir eine Picture-Story aufnehmen (Thema Hänsel und Gretel) und mit den 6ern einen kleinen Film drehen (Bremer Stadtmusikanten). Da bin ich schon sehr gespannt und freue mich auf alles was kommt! 🙂

Außerdem wird jetzt von anderen Freiwilligen in Zusammenarbeit mit unserem ARA-Koordinator ein schulübergreifendes Projekt initiiert, welches die Lesefähigkeit der Schüler gezielt fördern will. Da werde ich mal schauen, was sich an unserer Schule machen lässt.

So, das war’s erstmal an Neuigkeiten. Wie ihr seht heißt es schon wieder: Arbeit über Arbeit! Aber deshalb bin ich ja schließlich hier. Ich freue mich drauf 🙂

Der Rucksack und wir – ab in den Norden!

Der Harmattanwind bläst und man sieht selten blauen Himmel, als sich 3 Obrunis vollgepackt an der Techiman-Station in Kumasi treffen. So beginnt am Freitag, den 27.12.2013 unsere lang ersehnte Reise in den Norden Ghanas. Jana und Lorenz sind morgens nach Kumasi gekommen, wo ich zu ihnen stoße. Doch in Kumasi halten wir uns nicht lange auf, direkt geht es weiter. Zwei ganze Wochen haben wir Zeit, die grobe Route steht. Die Saison ist als Reisezeit optimal: Die Trockenzeit bringt heiße, trockene Tage und kühle Nächte; außerdem vielerorts nur jetzt passierbare Straßen. Auf in die Freiheit!

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und da ich euch langwieriges, langweiliges Lesen ersparen möchte, habe ich beschlossen, unsere Reise in Etappen einzuteilen und sie danach zusammenzufassen. Eine Übersicht über unsere Reiseroute findet ihr hier:

Reiseroute

27.12.2013: Ausgangspunkt Kumasi

Da ich Weihnachten bei meiner Gastfamilie in Kumasi verbracht habe – was ja fast auf halber Strecke in den Norden liegt – stoßen Lorenz und Jana mittags dazu und wir fahren direkt weiter: Unsere erste Station heißt Techiman, von dort geht es weiter nach Nkoranza. Hier verbringen wir den ersten Abend und schon jetzt fällt auf, dass wir uns deutlich weiter nördlich befinden: Der Abend ist mild, die Luft trocken und somit sehr angenehm. Es erinnert mich stark an Abende im Sommerurlaub mit der Familie.

 

27.12.2013 – 29.12.2013: 1. Etappe

Am nächsten Morgen brechen wir früh auf, denn wir haben strammes Programm. Unser erster Ausflug soll nach Buabeng-Fiema gehen. Buabeng-Fiema ist – oder viel mehr sind – zwei kleine Dörfer etwa eine halbe Stunde von Nkoranza entfernt. Hier werden Affen traditionell als heilig angesehen und daher tun die Dorfbewohner alles in ihrer Macht stehende, um diese Tiere zu schützen. Direkt bei den beiden Dörfern gibt es einen großen Wald, der zum Reservat erklärt wurde: Hier leben ca. 500 Exemplare, die den Menschen sehr freundlich gesinnt sind. Wir kauften Bananen und konnten sie sogar direkt aus der Hand füttern. Das war echt ein cooles Erlebnis! Auch einen Affenfriedhof gibt es hier: jeder tote Affe wird dort begraben.

Mit Taxi geht es nach Techiman zurück. Da der Tag noch jung ist und wir unternehmensfreudig, beschließen wir spontan, noch eine Wanderung zu den Fledermaushöhlen von Buoyem zu machen. Buoyem ist ein Dorf in einem kleinen Gebirgszug und die Höhlen dienten den Dörfern in Kriegszeiten als Verstecke. Leider sagt uns der Guide, dass eine Besichtigung dieser Höhlen derzeit nicht möglich ist – ein großes Wespennest versperre den Weg. Also steigen wir alternativ zu einem Felsvorsprung auf, sehen dabei noch den African Rock – ein Stein, der natürlicherweise die Form Afrikas hat – und erfrischen uns anschließend an einem kleinen Wasserfall. Alles in Allem war es ein netter Ausflug, auch wenn es um die Fledermäuse ein wenig schade war.

Übernachtung in Techiman. Am nächsten Morgen wollen wir nach Tanoboase. Auch dies ist ein kleines Dorf (ja, im Norden wimmelt es nur so vor kleinen Dörfern) unweit von Techiman. Der Grund unseres Besuches ist der heilige Hain. Mit gepackten Rucksäcken nehmen wir uns ein Taxi und werden an einer Straßenkreuzung rausgelassen. Sofort nehmen uns zwei junge Männer in Empfang und stellen sich als unsere Guides vor. Doch wir werden stutzig: Es gibt kein Besucherzentrum, keine Ausweise und keine Preisliste und wir sollen 15GHS pro Person zahlen! Das ist eine ganze Menge! Wir bestehen darauf, etwas Offizielles zu sehen, bevor wir die Gebühr bezahlen und außerdem wollen wir unsere schweren Rucksäcke für die Wanderung irgendwo unterstellen. Nach geschlagenen 1,5 Std. diskutieren und warten zahlen wir schlussendlich den Volunteerspreis von 10GHS und los kann’s gehen. Der Trip war auch echt toll so im Nachhinein – es ist schade um die Umstände vorher. Wir wandern zunächst durch einen kleinen Wald, bis Felsen vor uns aufragen. Die Felsen sind ungewöhnliche Formationen, wie gigantische Elefantenrücken liegen sie in der Landschaft und nicht selten müssen wir unsere Hände zur Hilfe nehmen, um sie zu erklimmen. Wir erfahren viel über die Menschen, die vor vielen Jahren hier gelebt haben und denen die Felsen ein zu Hause waren. Der Guide erzählt viel; wie die Menschen gekocht haben, wo sich der Chief die Zeit vertrieben hat und wie sie sich im Gefahrenfall verteidigt haben. Vom Beobachtungsposten hat man eine tolle Aussicht über’s Tal und Jana und Lorenz lassen es sich nicht nehmen, einmal um die Wette zu klettern, so wie vor vielen Jahren die Männer um die Wette geklettert sind, um heiraten zu dürfen.

 

29.12.2013 – 1.1.2014: 2. Etappe

Die Reise führt uns zurück nach Techiman und von dort im Tro über Wenchi weiter in den hohen Norden: nach Wa. Die Landschaft zieht an uns vorbei und verändert sich merklich: Hier gibt es nicht mehr die grüne, üppige Vegetation des Südens mit den dichten Wäldern und satten Farben. Die Gegend hier ist flacher, keine Berge zieren mehr den Horizont. Stattdessen sieht man trockene Felder, weite, flache Landschaften – nur unterbrochen von einigen knorrigen, dicken Bäumen. Die Luft wird deutlich trockener, man schwitzt nicht mehr, obwohl die Temperatur steigt. Auch die Hand aus dem fahrenden Trofenster zu halten bringt keine Abkühlung, der Wind ist wie ein heißer, trockener Föhn.

Im Dunkeln kommen wir in Wa an. Noch im Tro fragen wir die anderen Mitfahrer, ob uns jemand ein gutes Guest House empfehlen kann. Als das Tro am Straßenrand hält, steigen wir aus und werden sofort von den Mitfahrern in die Hände eines Mannes übergeben, der uns zu dem Guest House bringen soll. Klar, warum nicht. Wir folgen dem Herrn, der sehr vorsichtig zu sein schein: Mehrfach warnt er uns, wir sollten im Dunkeln nicht alleine umherwandern, auf unsere Taschen aufpassen, alles gut einschließen und morgen früh nicht zu früh wieder aufbrechen. Zwei Polizisten halten uns an und fragen den Mann, was er um diese Uhrzeit (es war halb 8) mit drei Weißen machen würde. Er konnte sie beruhigen, indem er wahrheitsgemäß antwortete. Aber wir waren erstmal verschreckt. War der Norden doch so viel unsicherer als der Süden? Im Süden, wo man alles machen und sich komplett frei bewegen kann? Es ist komisch, aber im Laufe der Reise wurde unserer von dem Herrn stark geprägter schlechter Eindruck komplett revidiert und sogar ins Gegenteil umgekehrt: Ich persönlich fühlte mich im Norden so gut (und sicher!) wie nirgendwo anders in Ghana.

Nach einem guten Abendessen übernachten wir in einem zentralen Guest House in Wa, um am nächsten Morgen zeitig aufbrechen zu können. Eigentlich wollen wir noch eine Moschee etwas außerhalb Was besichtigen – verwerfen den Plan aber, als wir kein Taxi finden, welches uns günstig dorthin bringen will. Insgesamt gibt es kaum Taxen im Norden! Die Aufgabe des Taxis übernimmt das sogenannte „Motor King“, vorne Motorrad, hinten Ladefläche. Das Stadtbild hier oben im Norden ist sehr stark von Zweirädern jeglicher Art geprägt, ganz anders als im Süden, wo ein Fahrrad eine absolute Seltenheit ist. Dadurch wirken die Städte irgendwie offener, nicht so vollgestopft. Nur beim Laufen muss man höllisch aufpassen, da Straßenmarkierungen (wenn vorhanden) meist nicht so ganz eingehalten werden.

Wir fuhren also von Wa direkt nach Wechiau. Wechiau ist Ausgangspunkt für Touren in das Wechiau Hippo Sanctuary. Wenn ihr einen Blick auf die Karte werft, seht ihr, dass Wechiau dicht an der Grenze zu Burkina Faso liegt. Der Schwarze Volta ist der Grenzfluss zwischen diesen beiden Ländern und im Schwarzen Volta leben natürlicherweise sehr viele Hippos (im Sanctuary über 300 Stück). Mittags kommen wir in Wechiau an und nach einer Stärkung und einer Anmeldung im Besucherzentrum geht es weiter, denn bis zum Reservat müssen nochmal 18km mit dem Motor King zurückgelegt werden. Wechiau ist ein Dorf etwa eine Stunde von Wa entfernt. Das Reservat liegt nochmal 18km weiter – ihr könnt euch vorstellen, dass wir uns jetzt komplett auf dem Land befinden und außer ein paar kleineren Dörfern praktisch keine Infrastruktur mehr besteht. Am Eingang des Sanctuarys wurde eine kleine Lodge errichtet, in der Besucher übernachten können. Da Hippos vorwiegend früh morgens und spät abends aus dem Wasser kommen, ist dies durchaus üblich. Wir machen hier eine kurze Rast, um uns in der Lodgeküche Spaghetti mit Tomaten-Gemüse-Sauce ganz deutscher Art (bloß mit einer Menge Hot Pepper) zuzubereiten. So köstlich! Dann geht es weiter: Wir haben uns gegen eine Übernachtung in der Lodge und dafür für eine Übernachtung direkt am Fluss entschieden. Der Guide holt drei Matratzen und zwei große Moskitonetze und weiter geht die Wanderung. Eine halbe Stunde sind wir zu Fuß unterwegs, dann sind wir am Black Volta – der Fluss, der Ghana und Burkina Faso trennt und in dem die Flusspferde sich für gewöhnlich tummeln. Wir laufen in ein kurzes Waldstück hinein und erblicken vor uns eine Leiter, die zu einer in den Baum gebauten Plattform hochführt. Wir klettern die etwas morsche Leiter hoch und genießen erstmal die Aussicht. Direkt vor uns befindet sich – hinter einer Buschreihe – der Fluss, gut einsehbar von der Plattform. Das erste Geräusch, welches wir hören: Ein lautes Schnauben, unverkennbar von einem Flusspferd! Wir sind ganz aufgeregt. Der Guide legt die Matratzen zurecht und hängt die Moskitonetze passend auf, das Nachtlager ist bereitet. Mittlerweile ist es auch schon halb sechs, es beginnt langsam zu dämmern. Doch wir wollen noch etwas sehen, steigen von der Plattform hinunter und kämpfen uns durch zum Fluss. Und tatsächlich: Da steht ein großes Nilpferd direkt vor uns im Wasser! Es döst, schnaubt ab und zu, reist sein Maul auf und schwimmt ein wenig durch die Gegend. Wahnsinn, so ein gigantisches Tier! Wir taufen es Carlos. Nach dieser Aufregung geht’s zu unserer Plattform zurück, wir futtern noch Kekse, spielen Karten und quatschen, meine mitgebrachte Kerze brennt in unserer Mitte. Es war echt ein wunderschöner Abend und das Highlight unserer ganzen Tour. Spät kuscheln wir uns in unsere Decken (es war echt kalt die Nacht!) und fallen in einen tiefen Schlaf, begleitet von den Geräuschen des Waldes und den Fischern auf dem Fluss, die nun mit ihrer Arbeit begannen. Am nächsten Morgen holt uns der Guide früh wieder ab und führt uns im Licht der aufgehenden Sonne zur Lodge zurück. Dort erwartet uns eine Überraschung: Wir treffen auf Jakob und Chris, zwei Freiwillige aus Swedru, die etwas später als wir angekommen sind und dann in der Lodge übernachtet haben. Getroffen haben die beiden am Tag zuvor ein holländisches Pärchen, Dennis und Danchielle, die 1 ½ Monate auf Ghana-Tour sind. Also machen wir uns jetzt zu siebt mit unserem Guide zum Fluss auf, um dort mit dem Boot Hippos zu beobachten. Tatsächlich finden wir schnell vier Hippos, die im Wasser treiben. Nur leider ist es schon zu warm, sodass sie komplett im Wasser bleiben und wir nur Ohren, Augen und Nüstern sehen können. Trotzdem war es ein super schöner Ausflug und wir lassen es uns nicht nehmen, einmal in Burkina Faso an Land zu gehen und ein Beweisfoto mit der Gruppe zu schießen.

Zusammen mit den anderen vier geht es zurück über Wechiau nach Wa. Wir duschen, ruhen uns etwas aus und machen uns dann abends wieder auf den Weg, es war ja Silvester. Wir suchen uns etwas zu essen und genießen den Abend ruhig in einer Bar. Es war ein unspektakulärer, aber sehr schöner Abend und um Mitternacht sieht man sogar ein paar Raketen in der Ferne.

Jakob und Chris nehmen am nächsten Morgen sehr früh den Bus nach Bolgatanga. Die beiden müssen Ende der Woche schon wieder in Swedru sein, wir haben noch eine Woche länger Ferien und wollen an Neujahr ausschlafen – verpassen damit aber auch die einzige Direktanbindung Wa – Bolgatanga. Die beiden Holländer berichten uns von ihren Plänen, in das Gbele Nature Reserve zu gehen. Ausgangspunkt dafür ist Tumu, ein Örtchen auf halber Strecke zwischen Wa und Bolgatanga. Wir schließen uns spontan an, auch wenn unser Reiseführer uns warnt, dass es ohne eigenes Gefährt praktisch nicht möglich ist, das Reservat zu besuchen. Dem war dann blöderweise auch so, sodass wir mittags in Tumu festhingen und nicht mehr weiter kamen. Nun denn, gibt’s eben einen entspannten Nachmittag und am nächsten Morgen geht dann um 4.30 Uhr das nächste Tro nach Bolgatanga.

 

2.1.2014 – 7.1.2014: 3. Etappe

Unser nächster Halt ist Bolgatanga und hier sollen wir erstmal für die nächsten Tage bleiben. Wir finden ein super schönes, sauberes und günstiges Guest House und brechen dann noch für einen ersten Kennenlernspaziergang durch die Stadt auf. Als erstes halten wir im Tourist Center, erfahren aber wenig Neues. Dann führt uns der Weg noch zum Regional Museum, welches aber auch nicht allzu sehenswert ist und zum House of Culture – welches nur aus ein paar Touristenshops besteht. Ein bisschen stöbern wir in der Bibliothek, die mal weitaus mehr zu bieten hat als bloß theologische Bücher und kehren anschließend im Root’s Art Gallery Café ein. Dies ist im Wesentlichen ein kleiner Shop, in dem ein Rastafari selbst hergestellte Waren verkauft. War ganz nett und nebenbei bietet er auch noch Kaffee und selbst gepresste Säfte an. Dabei gibt es auffallend weniger frische Früchte als im Süden. Vermutlich wächst hier aufgrund der langen Trockenperiode nicht so viel und die Früchte werden aus dem Süden hierher geschafft.

Nach drei eher ruhigen Tagen ist der nächste voll mit Programm. Nach dem besten je gegessenen Eggbread an der Station in Bolga fahren wir zunächst nach Navrongo, um dort die älteste Kathedrale Ghanas zu besuchen. Diese liegt jedoch ein bisschen außerhalb und so müssen wir noch ein ganzes Stück zu Fuß zurücklegen (der Versuch, Fahrräder zu leihen scheitert leider). Es ist schon jetzt unglaublich heiß, ein starker Harmattanwind bläst, uns reißen die Lippen auf. Gefühlt alle 100m kaufen wir uns neues Wasser, welches wir gierig hinunterschlingen – trotzdem müssen wir nicht einmal auf Toilette. Es ist ein witziges Phänomen: Man hat konsequent Durst, schwitzt aber alles sofort wieder aus und doch findet sich auf der Haut kein einziger Schweißtropfen. Die niedrige Luftfeuchtigkeit und dabei hohe Hitze bewirken, dass alles sofort wieder trocknet. Insgesamt aber ein super angenehmes Klima. Die Kathedrale sieht ganz nett aus, hat aber schlussendlich wenig zu bieten und auch betreten könnten wir sie nur gegen einen hohen Eintrittspreis. Wir verzichten und fahren stattdessen weiter nach Paga, einer Grenzstadt zu Burkina Faso. Hier haben wir gleich drei Tagesordnungspunkte. Der erste führt uns zu einem Teich, in dem angeblich mehr als 200 Krokodile schlummern sollen. Ähnlich wie in Buaben-Fiema die Affen, werden hier die Krokodile als heilig angesehen und somit nicht gejagt. Als Gegenzug, so heißt es, hat noch nie ein Krokodil einem Menschen Schaden zugefügt. Das Ganze führt sogar so weit, dass sich einige Krokos bereitwillig streicheln lassen. Ein wenig mulmig wurde mir dann aber doch dabei! Zum Glück sind noch alle Gliedmaßen dran und wir gehen etwas durch den Ort und machen am Chief’s Palace Halt. Den Palast muss man sich wie ein kleines, abgetrenntes Dorf im Ort vorstellen. Die Dorfbewohner sind die Familienmitglieder des Chief’s. Wir erhalten eine Privatführung und es war echt interessant! Eigentlich sämtliche Gebäude des Dorfes sind aus Lehm erbaut. Hier gibt es Lagerstätten für Hirse, Mais und anderes Getreide (in denen die Vorräte über 6 Monate verbringen können ohne etwas vom Aroma einzubüßen), ein kleines Haus in dem der Chief mit seiner Frau die ersten 6 Monate nach Amtsantritt verbringt und nur nachts ausgeht (zum Schutz vor anderen, aufgebrachten Chief-Anwärtern – man geht davon aus, dass sich nach einem halben Jahr die Gemüter beruhigt haben) und neben den vielen Häusern der Dorfbewohner auch Schutzhäuser, in denen sich die Bevölkerung zu Zeiten des Sklavenhandels versteckt hat. Es war echt interessant zu sehen, wie so alte Traditionen auch heute noch gepflegt werden und wie gut Tradition und Moderne zusammen existieren können. Auch an unserem nächsten Ziel sollten wir an die grausame Zeit des Sklavenhandels erinnert werden. Nania heißt der Ort eines Zwischencamps für Sklaven. Hier wurde eine Pause eingelegt auf der Reise aus der Sahelzone an die Küste, wo die Sklaven meist nach Mittelamerika abtransportiert wurden. In Nania ruhten die Sklaven mit ihren –treibern für ca. 1 Woche, bevor der aufreibende Marsch weiterging. Nania liegt etwas außerhalb von Paga und ist nicht viel mehr als eine Felsformation in einer flachen, trockenen Landschaft. Wir besuchen die Essstätten der Sklaven, die Versammlungsstätte, den Folterplatz mit angeschlossenem Friedhof; wir sehen den Aussichtsposten für die Bewacher und den Stein, auf dem die Sklaven beizeiten trommelten und sich so die Zeit vertrieben. Es war ein beklemmendes Gefühl. Zu wissen, dass hier Menschen von anderen Menschen wie Tiere behandelt wurden… Und das ganze vor so einer wunderschönen Kulisse. Schrecklich.

Den nächsten Tag lassen wir wieder ruhig angehen. Wir fahren zum Tono-Stausee bei Navrongo und genießen die Nachmittagsstunden im Schatten der Bäume. Mit selbstzubereiteter Guacamole und kalter Cola lässt es sich doch wunderbar aushalten.

Am Sonntag steht wieder ein wenig mehr Programm an. Morgens fährt uns Taxifahrer James nach Tongo bzw. Tengzug (wo da jetzt genau der Unterschied ist bzw. welches Dorf welches ist weiß ich bis heute nicht). Ähnlich wie im Sklavencamp von Nania finden wir uns in einer wunderschönen Landschaft wieder. Flaches, trockenes Land, von mehreren Felsformationen unterbrochen. Es sieht aus, als hätte ein Riese Steine in Form von gigantischen Kieselsteinen zufällig in die Landschaft geworfen. In der Ferne erhebt sich ein größerer Felszug. Wir starten eine geführte Tour und beginnen im Chief’s Palast. Ähnlich wie in Paga ist das quasi eine Ansammlung von Wohnstätten auf kleinstem Raum. Wir werden vom Chief begrüßt, der es sich auf Ledersitzen und Fellen gemütlich gemacht hat. Es war echt ein skurriles Bild, denn auch hier verdeutlich sich wieder, was ich schon in Paga gedacht habe: Diese einzigartige Verschmelzung von Tradition und Moderne. Der Chief ist in Felle gekleidet, oben hängen Mützen mit Hörnern für den „War Dance“ – und doch fährt der Chief ein dickes Auto und spielt mit Ipad. Wir gehen durch den Palast. Überall sieht man Opferstätten: Blut auf Steinen, Federn, Totenschädel. Wir erfahren, dass hier Hühner, Ziegen, Hunde, Esel und Kühe regelmäßig als Opfergaben dargebracht werden. Wichtig zu erwähnen finde ich hierbei, dass das Fleisch der Tiere anschließend verzehrt wird. Somit werden also nicht Tiere bloß des Glaubens wegen geschlachtet. Wir gehen weiter und stehen schon bald am Fuße der etwas größeren Felsformation. Wir machen uns auch gleich an den Aufstieg: Etwas weiter oben, in einer Felsspalte, befindet sich der so genannte Schrein von Tengzug. Ein Schrein ist hier ein heiliger Ort, an den die Menschen zum Beten kommen. Der Zutritt ist nur mit freiem Oberkörper erlaubt, auch die Hose muss bis zu den Knien hochgekrempelt werden. Auch oben findet man wieder Opferplätze; Federn, Blut und Knochen. Seltsamerweise riecht man aber in keinster Weise einen Verwesungsgeruch, es wirkt alles ganz reinlich. Auf dem Rückweg kommen wir dann noch an zwei „Caves“ vorbei – kleinere Felsansammlungen, die einerseits als Schutz (vor wilden Tieren aber auch vor dem Sklavenhandel) und andererseits als Versammlungsort dienten (bzw. heute noch dienen). Nach einer Stärkung mit Pito (lokales Hirsebier) geht es für uns weiter nach Sirigu. In Sirigu steht das SWOPA (Sirigu Women Organisation for Pottery and Art) – eine vor etwa 15 Jahren von der Tochter einer Töpferin gegründete Organisation, die sich für die Rechte der Handwerksfrauen einsetzt. Heute kann man dort selbst hergestellte Waren kaufen, erhält Informationen zu diesen Künsten und kann dort unter Anderem auch selber Workshops belegen. Wir sind so begeistert, dass wir unseren Aufenthalt in Bolga spontan einen Tag verlängern und am nächsten Tag hierher zurückkehren, um einen Kurs im Korbflechten zu belegen.

Am nächsten Tag sind wir also früh wieder in Sirigu und treffen dort auf zwei Kanadierinnen, eine Engländerin und eine weitere Deutsche, die mit uns den Korbfelcht-Workshop belegen. So sind wir also ein lustiges Trüppchen und verbringen einen super schönen Tag (ca. 8 Stunden waren wir aktiv am Flechten). Die Bilanz des Tages: Coole Kontakte in der ganzen Welt, 3 Blasen an den Fingern und ein superschönes (okay, darüber kann man streiten, aber ich bin stolz drauf) kleines Körbchen, welches bald meine eigene Wohnung zieren wird.

 

8.1.2014 – 10.1.2014: 4. Etappe

Am Mo, den 7.1. nehmen wir das letzte Mal das beste Eggbread der Welt zu uns und verabschieden uns von Moses, unserem Verkäufer. Unser nächstes Etappenziel heißt Tamale. Die Regionshauptstadt ist die Metropole des Nordens. Wenn auch vergleichsweise klein im Gegensatz zu Kumasi und Accra, zentrieren sich hier die meisten geschäftlichen Angelegenheiten des Nordens. Allerdings merkt man auch deutlich, dass man sich nicht mehr im gut gestellten Süden befindet: Viele Obdachlose – vermutlich Einwanderer aus nördlichen krisengeplagten Ländern – reihen sich am Straßenrand und betteln um Essen. Die Straßen sind voll geschäftigen Treibens, es ist laut und ein wenig stickig. Großstadt halt. Wir wollen uns hier auch gar nicht lange aufhalten; allzu viel Touristisches hat die Stadt nicht zu bieten. Wir schlendern ein wenig durch die Stadt und besuchen den hiesigen Kunstmarkt. Dort finden wir eine große Auswahl an selbstgearbeiteten Holz- und Lederwaren sowie gemalte Bilder. Wir verbringen hier viel Zeit und leben den Touristen voll aus.

Der nächste Tag ist ein Fahrtag. Wir kaufen früh die Tickets nach Larabanga an der Station und gehen danach noch ein wenig in die Stadt und auf den Markt. Nachmittags gegen 16 Uhr geht die Fahrt dann los, ca. 3 Stunden sind wir unterwegs. Wir checken in einer kleinen Lodge ein, die von Zwillingsbrüdern geführt wird. Es gibt kein fließend Wasser, aber dafür Moskitonetze, gutes Essen und günstige Preise. Also mehr als genug. Larabanga nutzen wir als Ausgangspunkt für den Mole Nationalpark, der nur noch etwa 5km entfernt liegt.

Der nächste Tag wird noch mal ein ganz besonderer Abschluss unserer Reise. Früh schon frühstücken wir, um dann mit einem Taxi die letzten wenigen Kilometer zum Nationalpark zurückzulegen. Um 7 Uhr starten wir unsere erste Safari: Wir haben uns für die Walkingsafari entschieden und machen uns also zu Fuß mit einem Ranger auf in den Park. Unsere Gruppe besteht neben Lorenz, Jana und mir noch aus drei Holländern, einer Finnin und einer Kanadierin; also wieder bunt gemischt. Etwa 2 Stunden wandern wir über Wege und durch kniehohes Gras, es war einfach unglaublich. Aufgrund der frühen Zeit liegt noch ein Dunst über der Landschaft, was alles sehr mysteriös aussehen lässt. Das Gras ist noch nass, die Luft angenehm frisch. Wir sehen viele Antilopen, Böcke, Vögel und sogar einen Elefanten! Ganz nah dürfen wir an ihn herangehen und ihm beim genüsslichen Fressen zuschauen. Das war echt eine unglaubliche Erfahrung, diesem gigantischen Tier in freier Wildbahn zu begegnen. Mittags begeben wir uns dann in Begleitung der drei Holländer nach Larabanga, um die dortige Moschee zu besuchen. Im frühen 15. Jahrhundert erbaut ist sie die älteste in Ghana. Ein kleines weiß gestrichenes Gebäude, welches auf vielen Reiseführern als Deckblatt abgebildet ist. Nur betreten dürfen wir es leider nicht. Gleichzeitig erhalten wir noch eine kleine Stadtführung durch Larabanga und erfahren ein wenig über die Lehmbauweise der Häuser. Anschließend kehren wir nach einer kurzen Stärkungscola in den Nationalpark zurück (der Eintritt zählt für den ganzen Tag) und machen noch eine zweite Safari, diesmal mit Jeep. Wir finden uns wieder in unserer Gruppe vom Morgen zusammen und chartern den Jeep, der uns wieder ca. 2 Stunden durch den Park fährt. Diesmal sehen wir wesentlich mehr Tiere: Antilopen und Buschböcke, sehr viele Affen, Warzenschweine und auch wieder zwei Elefanten. Unglaublich tolle Fotos entstehen, die Resultate könnt ihr euch in der Galerie ansehen! Alles in Allem war es ein super Tag mit tollen Leuten, Erlebnissen und Fotomotiven.

 

Man könnte es als krönenden Abschluss dieser einmaligen Reise bezeichnen. Vielen Dank an alle Beteiligten, insbesondere an die besten Reisepartner überhaupt, Lorenz und Jana! Nicht einmal gab es eine Situation in der wir uns nicht einigen konnten, es war einfach super entspannt und unkompliziert. Diese Reise wird mir für immer in Erinnerung bleiben.

Afehyia paa! Weihnachten in Ghana

Weihnachten. War es doch tatsächlich schon wieder soweit. Krass, die erste Etappe geschafft! Mehr als ein Drittel der Zeit war schon wieder um. Und alles deutete daraufhin, dass noch eine wunderbare Zeit bevorstehen würde. Die Zeit bis Weihnachten, so sagte ich mir im Vorhinein, würde die schwerste sein. Der Start, der Anfang – alles neu, ungewohnt; ich stand vor der Aufgabe, mir ein ganz neues, eigenes Leben aufzubauen. Ich muss auch sagen, oft war es wirklich nicht leicht: Die Eingewöhnung in der Schule, Verständigungsprobleme, andere Lebensgewohnheiten. Doch an Weihnachten, so sagte ich mir, sei ich endlich angekommen, hätte mich eingelebt, sei komplett da. Jetzt ist Weihnachten vorbei und ich kann getrost sagen: Es stimmt! Wenn nicht sogar schon etwas eher, bin ich endlich in Ghana zu Hause. Ich vermisse Deutschland und das Leben dort nicht mehr – allenfalls meine Familie und Freunde fehlen mir. Aber zumindest im Moment kann ich mir nicht vorstellen, in nächster Zeit in deutschen Alltag zurückzukehren. Im Moment will ich es nicht, im Moment lebe ich in Ghana. Und das Leben hier ist so toll.

So freute ich mich sehr darauf, endlich allen Leuten „Afehyia paa“ (sprich: Afischia paa) wünschen zu können: Frohe Weihnachten! Ich war sehr gespannt, wie dieses Fest hier gefeiert werden würde. Die ganze weihnachtliche Stimmung fehlte etwas, wurde es doch immer wärmer: Die Trockenzeit hatte begonnen und mit ihr die Harmattan-Saison. Das sind heiße Wüstenwinde aus der Sahara, die den Himmel vernebeln und alles mit einer Staubschicht belegen; Nase und Lippen trocknen und das Atmen beizeiten schwer machen. Auch wenn ob der veränderten klimatischen Bedingungen und dem Prüfungsstress die Weihnachtsstimmung bei mir nicht so ganz aufkommen wollte – die christlichen Ghanaer freuten sich auf das Fest. Weihnachtslieder wurden im Radio gespielt, einige Häuser waren mit Lichterketten geschmückt, man wünschte sich frohe Weihnachten auf der Straße und viele Läden baten um eine kleine „christmas gift“-Geldspende. Zu dem Vorurteil, die „Menschen in Afrika“ würden kein Weihnachten kennen hat mein Projektpartner Lorenz einen tollen Blogeintrag veröffentlicht, den ich nur empfehlen kann! Hier der Link: http://lorenzgoesghana.wordpress.com/2013/12/19/do-they-know-its-christmas/

Wir wollten das Weihnachtsfest beim Rest der Familie in Kumasi verbringen. Nach vielem hin- und her, wann genau es denn endlich losgehen sollte, fuhren wir am Mo, den 23.12. los nach Kumasi. Diesmal war das Haus recht leer, verglichen mit der Hochzeit Anfang November. Jennifer, Shebba, Korbi, Claire und ich leisteten Jennifer’s Mann David, Schwester Beatrice und Ata Gesellschaft. Die Tage verbrachten wir eher ruhig. Ein bisschen in der Stadt umherlaufen, lesen, quatschen und einfach chillen. Selbst die eigentlichen Weihnachtstage waren recht unspektakulär. Am 24. saßen wir abends draußen zusammen und sangen ein paar Weihnachtslieder, das war ganz schön 🙂 Am 25. morgens gingen wir kurz in die Kirche, aber das war’s auch schon. Nachmittags fuhren wir mit Beatrice und Shebba in die Stadt, ein bisschen bummeln. Abends überreichten Claire und ich dann unsere Weihnachtsgeschenke, die wir ganz deutscher Tradition vorbereitet hatten. Alle freuten sich sehr, das war cool 🙂 Und das war unser Weihnachtsfest. Es ging genauso schnell um, wie es gekommen war.