Die Vorbereitungsseminare

Damit war es also beschlossene Sache :). Ich konnte es noch gar nicht abwarten, weitere Informationen zu bekommen. Noch musste ich mich aber bis Mitte Mai gedulden. Die schriftlichen Abiprüfungen waren längst gelaufen und die mündliche stand unmittelbar bevor, als das Vorbereitungsseminar Nummer 1 begann. Wir hatten im Vorfeld eine Teilnehmerliste bekommen, ca. 30 Leute in diesem Zyklus B, kennen tat ich aber niemanden. Ich sah lediglich, dass ein Mädchen, die Lisa, aus Nottuln kommt und es sich somit natürlich anbot, mit Auto zusammen nach Hemeln anzureisen. Gedacht, getan, so kannte ich Lisa schonmal, wir verstanden uns auch echt prima von Beginn an :).

Das Seminar war einfach der Wahnsinn. Ich hatte mich darauf gefreut, neue Leute kennenzulernen, so in Seminaratmosphäre lernt man die Anderen wirklich sehr tiefgehend kennen. Ich hatte mir gedacht, dass Leute, die so einen Freiwilligendienst absolvieren wollen, bestimmt alle total aufgeschlossen sind. Außerdem war ich sehr gespannt darauf, den Lorenz, der in Agona Swedru mit mir in einem Projekt ist, kennenzulernen. Ist ja schon spannend, sowas :D. Ich hatte mit viel gerechnet und mir viel erhofft, aber dass es SOO gut werden würde, das hatte ich nicht zu glauben gewagt!

Zu dem Formellen: Wir waren mit ca. 30 Teilnehmern und 5 Teamern (bzw. 4 Teamern und 1 Orgamensch) in einer kleinen Jugendherberge in Hemeln untergebracht. Nichts besonderes, aber: Wir hatten die ganze Jugendherberge für uns – konnten uns also breit machen – und  hinter’m Haus gibt’s eine Wiese, auf der man Volleyball spielen kann. Reicht 😀 Direkt zu Beginn wurden wir von Samy, dem Orgamenschen, darauf aufmerksam gemacht, was es heißt, an einem Seminar der ijgd teilzunehmen: Die Verpflegung würde den Prinzipien „vegetarisch, lokal, biologisch“ – also möglichst umweltschonend und nachhaltig – folgen. Warum? Ganz klar: Einer der Grundsätze von ijgd ist das Einsetzen für verantwortliches ökologisches Denken und Handeln. Auch würden wir die Organisation der Mahlzeiten selber organisieren – sollte die Eigenverantwortung doch gefördert werden. Ich muss sagen, es klappte alles hervorragend und bei mir zumindest schärfte die ökologisch sinnvolle und nachhaltige Ernährung auch das Bewusstsein für meine weitere Ernährungseinstellung, bzw. regte zum Nachdenken darüber an.

Allgemein regten viele Themen und Inhalte des Seminars zum Denken an, eine Tatsache, die mich sehr überraschte, muss ich ehrlich sagen. Ich dachte, ich komme zum Seminar, erhalte weitere Informationen zu meiner Einsatzstelle, zu den Gastfamilien, zum Leben in Ghan, zu Visum und Impfungen. Ja, falsch gedacht 😀 Solche Informationen gab es zwar auch, aber das war eher der kleinere Teil..

Hier ist mal der Seminarplan des ersten Seminars:

 

Der Seminarplan vom ersten Vorbereitungsseminar

Der Seminarplan vom ersten Vorbereitungsseminar

Und wenn man diese lustigen Bildchen – mit großer Mühe von den Teamern gezeichnet – richtig interpretiert, sieht man, dass es zumindest Samstags und Sonntags viel um Kolonialpolitik, Rassismus und Nord-Süd-Beziehungen ging (was übrigens im zweiten Seminar nochmal vertieft und durch Handelsbeziehungen und Geschlechterrollen ergänzt wurde). Allesamt Themen, über die ich persönlich mir vorher nur sehr wenige Gedanken gemacht hatte. Umso positiver ist es anzumerken, dass diese Themen auf so interessante und lehrreiche Art vermitteln wurden, dass sich meine Denkweise seitdem sehr verändert hat. Auch ging es um die Kritik an „weltwärts“ bzw. an Entwicklungspolitik allgemein. Und ich muss sagen, selbst jetzt sind noch letzte Zweifel in mir vorhanden, ob und warum ich mir das Recht herausnehmen darf, zu glauben, die Ghanaer bräuchten meine „Hilfe“. Ich bin sehr froh darum, mit so einem geschärften Bewusstsein in den Freiwilligendienst gehen zu können. Ich verstehe nicht, wie andere Organisationen die Freiwilligen mit nur drei Tagen Vorbereitung bzw. mit Vorbereitungsseminaren erst kurz vor Ausreise in die jeweiligen Länder schicken können. Also: Mit zu wenig Zeit, um sich anständig über seine Rolle und Verantwortung bewusst zu werden. Es ist mir echt ein Rätsel.

Nun gut, der Spaß auf dem Seminar kam auch nicht zu kurz ;). Es ist wirklich eine ganz tolle Truppe und es tut mir echt weh zu wissen, dass wir alle in 4 verschiedene Länder in Afrika gehen werden: Ghana, Togo, Kenia und Südafrika. Das bedeutet nämlich, dass wir außer auf den Seminaren kaum noch Zeit miteinander haben werden. Und wenn man bedenkt, wie dicht man zusammenwächst in 10 Tagen rund um die Uhr auf engstem Raum – dann ist das echt ganz ganz schade. Zumindest werde ich die Ghanaer wiedersehen – sei es auf dem Flug oder in Ghana :). Umso schöner ist es zu wissen, dass ich mich mit Lorenz ganz hervorragend verstehe (Ich hoffe, du kannst dem zustimmen, wenn du das hier liest :D). Ich freue mich auf die gemeinsame Zeit mit ihm in der Schule und auf sicherlich – hoffentlich – stattfindende private Unternehmungen :).

Vier Wochen später folgte das zweite Seminar, aber ich möchte jetzt gar nicht mehr so viel dazu schreiben. Im Wesentlichen glich es dem ersten Seminar sehr – außer dass dieses Mal Laura die Orga übernahm und sogar dafür sorgte, dass wir alle vegan aßen. Finde ich aber sehr konsequent. Themen habe ich vorhin kurz angesprochen; diesmal ging es auch viel um Visum und Arbeitsgenehmigung, die ich beschaffen muss.. Das wird nochmal eine Menge Arbeit. Aber egal, die Vorfreude ist stets mit dabei :). Das Wetter war besser, wir kickerten nicht ganz soviel und man war sich von Beginn an vertraut. Umso schwerer fiel nur auch der Abschied, bei dem schon das ein- oder andere Tränchen flossen :-/

Ja, die beiden Seminare waren schon eine Erfahrung, die geprägt hat.. Bin gespannt, was alles noch so kommt! 🙂

 

P.S. Ausgewählte Fotos zu den Seminaren findet ihr in der Galerie! An dieser Stelle vielen Dank an Amelie, die fast ununterwegt mit ihrer Kamera rumgelaufen ist :).

Und das Ganze nimmt seinen Lauf…

Wir haben’s Ende Juni, nächste Woche ist Abiball und ich hänge mittendrin in den Vorbereitungen für Ghana.. Tja, Ghana. Was soll ich dazu sagen? Ich freue mich soo unglaublich. Ein ganzes Jahr voller Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnissen. Ein Jahr, um ein Stückchen von Ghana und ganz viel von mir selber kennenzulernen.

Ich gehe nach Ghana! Ich schwanke in meiner Gefühlswelt zwischen „Ich kann’s noch gar nicht glauben“ und „Ich kann’s überhaupt nicht mehr abwarten“. Ich glaube, letzteres überwiegt ;D

Aber mal von vorne, was so passiert ist die letzten Monate:

Nachdem ich mich mal wieder spät – aber doch besser spät als nie 😉 – dazu entschlossen hatte, einen Freiwilligendienst zu leisten, ging die Bewerbungsphase los. Das war etwa Dezember letzten Jahres. Bei vielen Programmen war die Bewerbungsfrist schon abgelaufen, oder es war ganz knapp davor. Aber schlussendlich war doch noch genug offen, ich hatte schon viel Auswahl. Oder die Qual der Wahl, je nachdem 😀

Bei meinen Recherchen stieß ich auf das „weltwärts“-Programm des BMZ und war sofort überzeugt: Die Idee, dass das gemeinsame interkulturelle Lernen bzw. die Förderung des Nord-Süd-Austausches im Vordergrund steht und somit die Völkerverständigung besser gefördert wird, schien mir direkt das zu sein, was ich machen wollte. Ich wollte nicht mit work&travel ein bisschen Spaß haben oder einen bloßen Gastfamilienaufenthalt verbringen, so verlockend das auch sein mag. Ich wollte – und will mich natürlich immer noch – ehrenamtlich engagieren und etwas Nachhaltiges schaffen. Da bei „weltwärts“ und „ijgd“ (meiner Entsendeorganisation, die ich danach fand) das Engagement der Rückkehrer sehr groß geschrieben wird, scheint dies auch gut zu verwirklichen – der Freiwilligendienst verschwindet nicht direkt danach „in der Senke“ als „tolle Erfahrung für mich“. Gleichzeitig soll durch die Förderkreise die breite Öffentlichkeit angesprochen werden, ein weiterer Punkt, der es mich lehrt, mein Projekt zu vertreten und auch in Zukunft für Entwicklungszusammenarbeit einzustehen.

Wie ging es also weiter? Nach intensiver Projektdurchsicht entschied ich mich für drei Rot-Kreuz-Einsatzstellen, sowie die ijgd. Warum? Nunja, durch meinen Studienwunsch Medizin wollte ich ein Jahr im Krankenhaus bzw. im medizinischen Bereich arbeiten und schonmal Erfahrungen sammeln. Das geht beim Roten Kreuz hervorragend und auch die ijgd bieten Dienste im Krankenhaus an. So legte ich mich auch auf Ghana fest, die Einsatzstellen liegen nunmal nur hier 🙂

Von den ijgd bekam ich ziemlich schnell Rückmeldung – was mich positiv erfreute. Die Organisation kam mir direkt zu Beginn sehr seriös und professionell vor, ein Eindruck, der sich nur so bestätigen sollte.

Nach erfolgreich durchgeführtem Telefoninterview bekam ich wenig später auch die Zusage – nach einigem hin- und her, wurde meine Einsatzstelle dann auch spontan auf „Schule“ umgeändert. Für’s Krankenhaus bin ich wohl zu unqualifiziert. Was ich dazu sage? Naja. Sagen wir so: Ich bin froh, überhaupt einen Platz bekommen zu haben. Ich glaube, dass jede Projektstelle für mich gewinnbringend sein kann und ich auch in (nahezu) jeder Projektstelle meine beste Unterstützung geben kann. Schlussendlich bin ich sogar etwas froh, in eine Schule zu dürfen: Ich glaube, durch die direkte Arbeit mit den Kindern bin ich viel näher in der Arbeit drin, lerne viel mehr Leute kennen und habe viel mehr Freude bei der Arbeit. Von daher alles paletti 🙂

Jetzt stand es also fest: Es geht nach Agona Swedru, Ghana in die „Christ the King“-School. Jey 🙂